Auch wenn er nicht mehr praktiziert, so ist er dennoch einer der anerkanntesten Mediziner in der Region. Denn über zig Jahre war der sehr beliebte und leidenschaftliche Internist Dr. Ludger Schulte in Balve und Neuenrade für viele Menschen die erste Adresse, wenn es um ihre Gesundheit ging. Vor allem im ehemaligen St.-Marien-Hospital Balve, gegen dessen Schließung er sich mit scharfer Kritik gewandt hatte, profitierten die Patienten von seiner herausragenden Kompetenz in der Medizin. Bis zum Jahr 2006 war Dr. Schulte Leitender Arzt des Balver Krankenhauses, in das er durch Schulte 1 (Dr. Gisbert Schulte) gekommen war.
Als ich mich mit ihm in seinem Büro getroffen habe, da fiel mir sofort auf, dass er auch heute noch Fachliteratur in Hülle und Fülle besitzt. Beim Rundgang durch das schmucke Wohnhaus stellte ich fest, dass ich zuvor nur einen Bruchteil seiner Bücher und Magazine gesehen hatte. Um so erstaunter war ich, als Dr. Schulte mir sagte, er habe nach dem Abitur im März 1960 erst einmal zwei Semester Jura und Betriebswirtschaft studiert.
In Frühlinghausen, auf dem Hof seines Vaters Heinrich gelebt, war das Jura- und Betriebswirtschaftsstudium gern gesehen, nicht so bei ihm. „Ich wollte immer Mediziner werden. Dieser Wunsch hatte leider einen realen Hintergrund: „Mein Vater hatte ein Panzerherz, das man in den 60er Jahren nicht behandeln konnte. Als 16-Jähriger habe ich mir deshalb immer wieder die Frage gestellt, warum hilft denn niemand meinem kranken Vater“, erinnert sich Dr. Schulte, den die 10 Jahre andauernde Krankheit seines Vaters ebenso geprägt hat wie Albert Schweitzer.
Ludwig Philipp Albert Schweitzer († 4. September 1965), deutsch französischer Arzt, Philosoph, evangelischer Theologe, Organist, Musikwissenschaftler und Pazifist war sein großes Vorbild. Der Schweitzer gilt als einer der bedeutendsten Denker des 20. Jahrhunderts. Schweitzer, der „Urwaldarzt“, gründete ein Krankenhaus in Lambaréné im zentralafrikanischen Gabun.
„Ich war fasziniert davon, was dieser Mann mit bescheidenen Mitteln in Afrika aufgebaut hat. Und als ich dann auch noch als junger Kerl im St.-Marien-Hospital Balve gesehen habe, was der Chirurg Dr. Leusmann und der Internist Dr. Gisbert Schulte leisteten, da war ich mir ganz sicher, dass es richtig war, Medizin zu studieren“, sagt Dr. Schulte mit einem Lächeln auf den Lippen.
Bevor er jedoch in Balve sein medizinisches Können als Internist unter Beweis stellen konnte, arbeitete er in einem großen Dortmunder Krankenhaus. Professor Wenderoth kannte durch die Jagd den Vater von Gastronom Uli Vanselow (Haus Recke/Binolen) und ebnete Dr. Schulte den Weg nach Balve. „Als die beiden Herren miteinander gesprochen hatten, bin ich vom Professor vorgezogen und auf meine zukünftige Arbeit in Balve glänzend vorbereitet worden“, erinnert sich Dr. Schulte daran, dass auch damals schon händeringend Ärzte gesucht wurden in der Hönnestadt.
Sehr ehrgeizig kam der junge Mediziner 1975 nach Balve. Wohnte aber nicht auf dem Bauernhof in Frühlinghausen, sondern bei „Schulte 1“, so hieß Dr. Gisbert Schulte im Volksmund. „Das war eine wilde, stürmische Zeit“, betont Dr. Schulte (BILD), der zwar mit einer exzellenten Ausbildung nach Balve kam, aber sich immer wieder wunderte im St.-Marien-Hospital, wie es Dr. Leusmann und Dr. Gisbert Schulte, der ihn eingestellt hatte, schafften, mit primitiven Mitteln sehr gute Medizin zu machen. „Das war schon fast unheimlich“, lobt er seine beiden verstorbenen Kollegen, die ebenso wie er zu den Ärzten gehörten, die über Balve hinaus große Anerkennung durch ihre Patienten erfuhren.
Schulte I ließ Schulte II an der langen Leine seine Arbeit verrichten. Als er jedoch erfuhr, dass sein junger Kollege die Chance besaß, mit 36 Jahren Chefarzt in einem Krankenhaus in Südwestfalen zu werden, riet er ihm ab. Wie sich später herausstellte war der Rat ein Volltreffer, denn Ludger Schulte war mehr versprochen worden als später zu realisieren war.„Schulte I war wie ein Vater zu mir“, sagte Dr. Ludger Schulte, bevor er sich an sein Klavier setzte.
Das Klavier (BILD), das er sich als junger Arzt für 12.000 DM in Dortmund kaufte und in Raten abstottern durfte, besitzt einen sehr hohen Stellenwert in seinem Leben. Immer, wenn er sich etwas Gutes tun will, setzt sich der Mediziner, der am Samstag seinen 80. Geburtstag feiert, an sein Klavier, das er hegt und pflegt. Obwohl schon uralt hat es nur eine kleine Macke: „Als unser Sohn Felix einmal wütend war, hat er sein Spielzeugauto an das Klavier geworfen“, blickt Dr. Schulte milde lächelnd in den Rückspiegel.
„Liebe Familie, Freunde und Wegbegleiter. Die Jahre sind vergangen wie im Flug. Auf meinem Weg seid ihr mir wertvolle Freunde, Helfer und langjährige Gefährten gewesen. Dafür möchte ich Euch von Herzen danken und zu meinem 80. Geburtstag einladen“, hat der fast 80-Jährige an all jene geschrieben, die am Samstag dabei sein sollen, um mit ihm sein 80. Wiegenfest in schöner Atmosphäre zu feiern. Bevor es jedoch so weit ist, lobt er seine Frau Hiltrud. Denn ohne sie, die ihm immer den Rücken freigehalten hat, auch bei der Erziehung der drei Kinder Tobias, Felix und Annette, hätte er seinen Beruf nicht so leidenschaftlich ausleben können wie es das „Geburtstagskind“ getan hat. Die Hönne-Zeitung schließt sich der großen Gratulantenschar an, aber erst am Samstag. Denn vorher zu gratulieren, so eine alte Weisheit, soll Unglück bringen. Richard Elmerhaus