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entnommen der gedruckten Ausgabe der Hönne-Zeitung –


Helle.
Seit dem 1. April ist der Genuss von Cannabis in Deutschland legal. Was manch Konservativer bis zuletzt noch gern als Aprilscherz abgetan hätte, ist nun süßlich duftende Wirklichkeit geworden, zumindest so lange es nach dem Willen der Regierung in Berlin geht. Die Dortigen haben aber die Rechnung ohne den Sauerländer Schützenbund gemacht. Der mächtige Verband, dem rund 172.000 Schützen in Südwestfalen angehören, rät seinen Vereinen dazu, aufgrund des Hausrechtes den Genuss von Cannabisprodukten zu verbieten und durch Hinweisschilder auf dieses Verbot hinzuweisen.
Warum eigentlich? Zunächst mal gilt in Innenräumen, wozu auch die Balver Höhle zählt, das Nichtraucherschutzgesetz, dass das Rauchen dort verbietet. Dazu heißt es im Cannabisgesetz, dass der Konsum in unmittelbarer Nähe von Jugendlichen unter 18 Jahren untersagt ist. Wenn der Sauerländer Schützenbund also klarstellt, dass ein Schützenfest ein Fest aller Generationen darstellt und eben das Rauchverbot gilt, bedeutet das zunächst, dass auf einem solchen Volksfest eh nicht gekifft werden dürfte. Permanent bestünde die Gefahr, dies in unmittelbarer Nähe zu Jugendlichen zu tun.
Nun verhält es sich im Jugendschutz aber so, dass sich Jugendliche unter 18 Jahren ohne Anwesenheit eines Erziehungsberechtigten nur bis Mitternacht auf dem Schützenfest aufhalten dürfen. Theoretisch wäre also der Konsum dann beispielsweise auf dem Höhlenvorplatz oder auf der Kirmes machbar.
Die Verantwortung läge erstmal beim Einzelnen, könnte man denken. Der illegale Konsum, beispielsweise in „unmittelbarer Nähe“, ist weiterhin, wie auch bereits vor der Legalisierung, mit hohen Bußgeldern belegt. In NRW sind das zwischen 300 und 1000 Euro, allerdings ohne, dass hier genauer definiert ist, was „unmittelbar“ bedeutet.
Nun könnte man also vermuten, dass es gar keine Beschilderung bräuchte, regelt das Bundesgesetz die Umstände doch einwandfrei. Auf Nachfrage erklärt Thomas Scholz, Geschäftsführer der St. Sebastian Schützenbruderschaft, dass man sich im Vorstand aber darauf verständigt habe, der Empfehlung des Schützenbundes zu folgen.
Was zunächst wie ein Aufruhr der Konservativen gegen ein ungeliebtes und progressives Ampelgesetz scheint, hat aber durchaus Hand und Fuß. Warum? Ganz einfach: Das Land NRW stellt auf seiner Website zu Regeln und Bußgeldern zur Cannabiskontrolle klar, dass „der jeweilige Hausrechtsinhabende bzw. Veranstalterinnen und Veranstalter durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen [haben], dass es nicht zu Verstößen gegen dieses Konsumverbot kommt. Diese Verpflichtung kann auch in einem generellen Cannabis-Konsumverbot bestehen.“
Die Durchsetzung der neuen Regeln obliegt also nicht dem Staat, sondern in letzter Konsequenz dem schwächsten Glied in der Kette, in diesem Fall dem Veranstalter. Neben Rauchverbotsschildern, Notausgangbeschilderung, Jugendschutzhinweisen, Datenschutzhinweisen und Fotowarnungen reiht sich also ein weiteres Schild in den Schilderwald auf deutschen Volksfesten ein, mit der Konsequenz, dass der mutmaßlich kleine Anteil von Schützenfestgästen, der dort hingeht, um statt dem Alkohol dem Cannabis zu frönen, es nach der Legalisierung deutlich schwerer haben dürfte als vorher.
Denn was vorher als süßliche Wolke in der Luft gern wohlwollend überrochen wurde, ist plötzlich Thema in aller Munde, die Gästeschar nebst Sicherheitsdienst sensibilisiert, die Veranstalter in der Zwickmühle. Darüber hinaus wird ihnen eine weitere Pflicht auferlegt, die die Übernahme von Verantwortung in Vereinsämtern nicht gerade attraktiver machen dürfte. Thomas Scholz macht dies am Beispiel des Rauchverbots klar, wo auch bereits der Veranstalter zum Büttel des Gesetzgebers gemacht wurde: „Das Prinzip ist das Gleiche: Wir hängen Schilder auf, denn das Verbot gilt auch in der Höhle und Verstöße sind mit bis zu 2000 Euro Bußgeld belegt. Das Bußgeld bekommt in diesem Fall der Verein, nicht der Raucher. Dies veranlasst uns manchmal zu Maßnahmen, die zurecht auf Unverständnis stoßen. Kann man sich drüber ärgern – ändern können wir es leider nicht.“ DP


Grafik: DP

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