Balve. Die Investitur neuer Mitglieder im Ritterorden des Heiligen Sebastians lockte viele Schützen aus den verschiedensten Ländern Europas nach Balve. Aber was hat es eigentlich auf sich mit den „Rittern von Balve“ zu denen sich Wolfram Schmitz, Wilhelm Rademacher, Stefan Schewell, Heinz-Dieter Quadbeck, Marc Schmoll-Stübbecke, Martin Terbrüggen und jetzt ganz frisch Lutz Errulat zählen?
Der Ritterorden des Heiligen Sebastian ist eine Gruppe innerhalb der Europäischen Gemeinschaft Historischer Schützen, die 1955 gegründet wurde, um das internationale Schützenwesen zusammenzuführen. Wie den meisten bekannt, handelt es sich bei St. Sebastian um einen römischen Offizier, der im 3. Jahrhundert als Märtyrer starb und seit dem Mittelalter Patron der Schützen ist. Die Verbindung zu den Schützen rührt wohl daher, dass Sebastian durch Pfeile getötet wurde und so den Konnex zum Schießen herstellt.
Die Schützenbruderschaften, die sich im späten Mittelalter besonders im Rheinland, Westfalen, den Niederlanden, Belgien und Österreich gründeten, dienten damals nicht wie heute der Brauchtumspflege sondern auch der Verteidigung. Im 20. Jahrhundert kam dann der Gedanke auf eine übernationale Ritterschaft zu gründen, die die einzelnen Bruderschaften verbindet. Die Ritterschaft vom Heiligen Sebastian wurde 1985 also vor gerade einmal 40 Jahren in Eupen, Belgien, unter der Schirmherrschaft der Habsburger gegründet.
Bundesgeschäftsführer des Sauerländer Schützenbundes Thomas Buchmann erklärt der HÖNNE-ZEITUNG die Organisation. Man müsse es sich wie eine Pyramide vorstellen. Mitglieder bei den EGS seien die Verbände. Die kleinste Einheit sei die Bruderschaft, die sei wiederum Mitglied im Kreisschützenbund, dem der Sauerländer Schützenbund übergeordnet sei, der dann schlussendlich Mitglied im Verband der Europäischen Schützen wäre.
Die Ritterschaft umfasse in Deutschland etwa 500 Mitglieder. Europaweit seien es etwa 800 – 850. Auf der Website der EGS ist von „derzeit 330 Mitgliedern“ die Rede. Da aber jährlich viele neue Ritter dazukommen, mag diese Diskrepanz der Aktualität der Website geschuldet sein. Zweimal im Jahr finde immer an unterschiedlichen Orten eine Tagung statt. Nach Balve ginge man ins Rheinland, anschließend nach Kroatien, das neben Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Österreich, Polen, Tschechien und der Ukraine ebenfalls Ritter beherberge.
Die Ritterschaft verbinde den europäischen Gedanken mit katholischen Werten. Im Gegensatz zu einer Schützenbruderschaft könne man im Ritterorden nicht einfach Mitglied werden. Man werde vom Verband oder von einem Mitglied des Ordens vorgeschlagen, wenn man sich besonders um christliche Werte verdient gemacht habe. In den einzelnen Verbänden werde dann über die Mitgliedschaft beraten und letztlich im Ritterrat entschieden.
Präsident der EGS ist derzeit Albert-Henri Prinz von Merode. „Pro deo – pro europae christianae uniate – pro vita“, zu Deutsch: „Für Gott, für ein vereintes christliches Europa, für das Leben“ ist der Wahlspruch des Ordens. Nach außen zeichnen sich die Mitglieder durch das Tragen von Ketten und Scherpen aus, was sie von den klassischen Schützen unterscheidet.
„Die Ritterschaft will in zeitgemäßer Form in Übereinstimmung mit der katholischen Kirche die Werte des christlichen Abendlandes in Europa erhalten und verteidigen. Sie tritt aus christlicher Überzeugung  atheistischen Strömungen entgegen und bekämpft durch gelebten Glauben die geistigen, ethischen und kulturellen Zerfallserscheinungen unserer Zeit.
Der Ritterorden setzt sich für Tradition, Wohltätigkeit, das Schützenwesen und natürlich Europa ein“, heißt es auf der Website der EGS. Doch die Ritter vom Heiligen Sebastian sind nicht die ersten Rittersleute die Balve vorweisen kann. Theodor Pröpper (+1896-1979) war als Kirchenmusiker und Komponist maßgeblich an der Gestaltung des Sursum Corda im Rahmen der Neufassung des Diözesangesangbuches 1948 beteiligt. Für seine Verdienste um die Kirche wurde der Heimatdichter im Jahre 1961 anlässlich der Jubiläumsfeier des Päpstlichen Instituts für Kirchenmusik in Rom zum Komtur des Gregorius-Ordens ernannt. Dieser Orden des heiligen Gregor des Großen ist der vierthöchste Orden für Verdienste in der katholischen Kirche und wird mittelbar vom Papst verliehen. Der Gregoriusorden wurde 1831 vom Papst Gregor dem XVI gestiftet, schon 1834 wurde er allgemein „für den Eifer in der Verteidigung der katholischen Religion“ als Ritterorden verliehen. Unter anderem hatten Träger des Ordens das Recht, zu Pferd in den Vatikan einzureiten.
Zu Zeiten Pröppers galten diese Privilegien allerdings nicht mehr, sondern der Orden war mit symbolischer Ritterlichkeit verbunden. Dies rührt von der Neuordnung durch Papst Pius des X. her. Die Ritterschaft hat also in Balve eine lange Tradition, die jetzt, wenn auch in anderer Form, von den Rittern des Heiligen Sebastian fortgeführt wird. DP