Anzeige
Neuenrade. Für Natalie Richter aus Neuenrade änderte sich ihr Leben am 3. Oktober vergangenen Jahres nach einem Unfall schlagartig. Hier schildert sie in einem Leserbrief ihre Empfindungen und wie sie sich im Stich gelassen fühlt. So wie ihr ergeht es vielen Menschen, die sich immer wieder mit den ewigen Mühlen der Bürokratie auseinandersetzen müssen. 
 
„Am 03.10.2023 fuhr ich mit meinem Auto auf der A45 Richtung Dortmund, Ziel Lüdenscheid. Mit mir in meinem VW Golf meine Mutter, mein Freund und meine Hündin.  Wir verbrachten einen herrlichen Tag und waren auf dem Heimweg. Eine Baustelle jagte die nächste. Aber wir hatten Zeit, fuhren 80 km/h in der Baustelle. Beim Ausfahren auf Höhe Siegen beschleunigte ich auf die vorgegebenen 100 km/h und hörte noch die letzten Worte meines Freundes: ,Scheiße, wo kommt der denn her’… Dann bohrte sich der Ford Mustang in die komplette Seite meines Autos, ein schlimmer Unfall bei 100 km/h, wir zwischen Mustang und Leitplanke… Der Fahrer des Mustangs hatte die Kontrolle verloren, er wollte mich auf der linken Spur überholen, dann prallte er in mein Auto. Es war furchtbar. 
 
Ein Wunder, dass wir das alle überlebt haben. Krankenhaus, Schädel-Hirn-Trauma, unzählige Prellungen. Es begann ein Marathon von bürokratischen Aufgaben, unzählige Telefonate, Schriftwechsel mit Anwalt, Versicherungen, Ärzten. 
 
Neben den körperlichen Verletzungen waren da noch die seelischen. Das Auto, das ich von meinem verstorbenen Vater geerbt hatte, ein Totalschaden.  Meine Hündin, die mit im Auto war und ebenfalls unter Prellungen litt und zwei Wochen später an Krebs starb, wir, nicht arbeitsfähig, nicht mehr mobil, ohne Auto. Und gezeichnet von den Erlebnissen. 
 
Die Schuldfrage war von Beginn an geklärt. Wir reichten alle erdenklichen Unterlagen, Quittungen etc. ein. Und warten. Wir warten bis heute.
 
Trotz unzähliger Anrufe beim uns vertretenden Anwalt ist die Angelegenheit noch immer nicht erledigt. Wir warten auf Schadenersatz, auf Kostenerstattung von Tierarztrechnungen, Medikamenten, bis hin zu Fahrtkosten… Nach einem Jahr ist es für uns noch immer nicht möglich mit diesem schlimmen Ereignis abzuschließen. Es ruhen zu lassen. Das Kapitel zuzuschlagen. Und warum? 
 
Weil die entsprechenden Stellen ihre Arbeit nicht machen? Wir wissen es nicht. Auf Nachfrage werden wir seit Monaten vertröstet. Der Anwalt lässt sich stets durch seine Angestellten am Telefon vertreten, diese können keine Auskunft geben. Was wir wissen ist, dass es sehr viele Menschen gibt, die genau solche Erfahrungen gemacht haben. Leider. Und auch diese Menschen können mit ihren Erlebnissen nicht abschließen. 
 
Ich wünsche mir Gerechtigkeit, wenigstens in der Form, dass wir endlich abschließen können. Wir möchten endlich zur Ruhe kommen. 
 
Und es ist mir ein Bedürfnis, diese Geschichte mit anderen zu teilen, ihr und uns Gehör zu verschaffen. Die Menschen wach zu rütteln, die mit ihrer Arbeit und ihrer Haltung dieser gegenüber etwas an solchen Missständen ändern könnten. 
 
Wir wissen einfach nicht mehr weiter. 
 
Natalie Richter, Neuenrade
(Anschrift ist der Redaktion bekannt)“                               Foto: privat
—–
Leserbriefe müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen. Die alleinige Verantwortung für den Inhalt trägt der Autor. Wir behalten uns Kürzungen vor. Die Redaktion
Anzeige