entnommen der gedruckten Ausgabe der Hönne-Zeitung –
Balve. Wie hast du‘s mit dem Weihnachtsmann? Diese Gretchenfrage stellt sich in den meisten Haushalten Balves nicht. Im katholisch geprägten Sauerland kommt das Christkind, das war schon immer so und wird immer so bleiben, auch wenn in Kinderaugen heute eher der Amazon-Mann fürs Geschenke bringen zuständig ist.
Manch einem treibt es die Zornesfalten auf die Stirn, wenn er vom Weihnachtsmann oder gar von Santa Clause hört. „Coca Cola Hampelmann“ heißt es dann oft. Woher kommt das eigentlich?
Also zunächst einmal ist der Weihnachtsmann deutlich katholischer, als man zunächst denkt. Bis ins Mittelalter war Deutschland Nikolaus-Land. Der türkische Bischof brachte den Kindern am 6. Dezember die Gaben.
Schwierig für den Reformator Martin Luther. Die Heiligenverehrung der Katholiken war ihm ein Greul. Allerdings war der populäre Brauch in den Reihen des gemeinen Volkes sehr beliebt. Und wie schon andere in der Geschichte vor ihm machte sich Luther einen Kniff zunutze indem er die beliebten Eigenheiten des Katholizismus übernahm und ihnen einen protestantischen Anstrich verpasste.
So kamen wir übrigens auch schon in den Genuss des Weihnachtsfestes am 25. Dezember. Im Julianischen Kalender, der unseren heutigen, dem gregorianischen Kalender vorausging, lag auf diesem Tag die Wintersonnenwende, die Weiland von den Germanen als Julfest gefeiert wurde. Da man auch nach der Christianisierung nicht auf das lieb gewonnene Fest verzichten wollte, nahmen die frühen Missionare den Brauch auf und feierten am 25. Dezember Christi Geburt. Das ist noch heute so, auch wenn die Wintersonnenwende und damit der kürzeste Tag seit der Kalenderreform auf den 21. Dezember fällt.
Ähnlich machte es Luther. Er adaptierte den Brauch des Schenkens, aber ersetzte den Nikolaus durch den „Heiligen Christ“. Um das Augenmerk der Kinder vom heiligen Nikolaus auf Jesus Christus zu lenken verlegte er den Tag der Bescherung dann auch gleich auf dessen Geburtstag. Doch der Nikolausbrauch war auch bei den Protestanten nicht totzukriegen. Nur eben nicht als Heiliger Bischof, sondern in Person des „Weihnachtsmannes“.
Mit seinem Lied „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ belegte Hoffmann von Fallersleben, unter anderem Autor des „Liedes der Deutschen“, dessen dritte Strophe noch heute als unsere Nationalhymne fungiert, dass bereits 1835 der Brauch des Weihnachtsmannes als Geschenkebringer in Deutschland etabliert war. Während ironischerweise in den katholischen Gebieten das Christkind, das den Heiligen Christ in seiner Rolle beerbte immer populärer wurde, brachte der Weihnachtsmann die Geschenke in die reformierten Teile des deutschsprachigen Raumes. Verkehrte Welt.
Aus Europa wurde der Brauch dann auch über den Atlantik nach Amerika exportiert. Besonders in den niederländisch geprägten Regionen der USA kam der „Sinterklaas“, der auch als Schutzpatron von Nieuw Amsterdam, dem heutigen New York fungierte. Daher wohl auch das Wunder von Manhattan aus dem gleichnamigen Film.
Aus Sinterklaas wurde dann irgendwann Santa Clause, dessen Rentierschlitten und Vorliebe für ungewöhnliche Hauszugänge wohl auf das 1835 anonym veröffentlichte Gedicht „The Night before Christmas“ zurückgeht. Während in Heinrich Hoffmanns „Struwelpeter“ der Nikolaus noch als hochgewachsener Bärtiger mit osmanischer Fes auf dem Haupt daher kommt, karikierte der Deutsch-Amerikaner Thomas Nast 1846 den Weihnachtsmann als gemütlichen und untersetzten Gabenbringer mit Schlitten und Pfeife. Er orientierte sich am pfälzischen „Belzenickel“ (ungefähr: Pelz Nikolaus) In der nachträglichen Kolorierung wählte er passend zur Erzählung „A Visit from St. Nicholas“ aus dem Jahre 1822 die Farben rot und weiß und schuf so einen Mythos. Er zeichnete diese Figur bis an sein Lebensende.
1923 wurde sie vom New Yorker Getränkehersteller White Rock Beverages für eine Werbekampagne genutzt. Der heute bekannte Weihnachtsmann bewarb also zunächst Ginger Ale, bevor er dann 1931 von der Coca Cola Company okkupiert wurde. Mit dem Softdrink und der beliebten Weihnachtswerbung im Sack fand der Weihnachtsmann dann seinen Weg zurück nach Europa, wo er heute die traditionelle Vorstellung vom Christkind immer weiter zu verdrängen scheint und zum Symbol für die endgültige Kommerzalisierung des Festes geworden ist. Wenn man sich die Gemengelage so anschaut, stellt man fest, dass die eingangs gestellte Frage gar nicht so einfach zu beantworten ist.
Irgendwie steckt in allem ein bisschen von allem. Worauf sich Fans von Weihnachtsmann, Christkind und St. Nikolaus aber wohl einigen können ist, dass man sich doch immer freut, wenn man etwas geschenkt bekommt – egal von wem. Daniel Pütz