Seit dem 1. Oktober 2025 leitet Christian Böhmer (links) das Mendener Vermessungsbüro gemeinsam mit Nikolai Klein (rechts). Foto: Laura Berken

Balve/Menden. Meist begegnet man ihnen nur einmal im Leben, wenn der Traum vom eigenen Haus verwirklicht werden soll – Unternehmen hingegen benötigen sie regelmäßig: Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure (kurz ÖbVI). Der Beruf ist in Nordrhein-Westfalen selten geworden, umso bemerkenswerter ist es, dass eines der traditionsreichsten Büros im Märkischen Kreis jetzt in eine neue Zukunft startet.
Seit dem 1. Oktober 2025 leitet Dipl.-Ing. Christian Böhmer das Mendener Vermessungsbüro gemeinsam mit B. Eng. Nikolai Klein – einem gebürtigen Balver, der nach langer Ausbildung den Titel des ÖbVI erlangt hat. Die gemeinsame Führung ist nicht nur ein Generationenwechsel, sondern auch ein Beispiel dafür, wie wichtig Nachwuchs für dieses Berufsbild ist. Denn die Altersstruktur ist hoch, der Weg in den Beruf lang und der Bedarf an hoheitlicher Vermessung wächst.
Ein Beruf zwischen Technik, Recht und Verantwortung
Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure stehen funktional einer Behörde gleich. Sie dürfen hoheitliche Vermessungen fürs Liegenschaftskataster durchführen, Beurkundungen vornehmen und Grenzbescheinigungen ausstellen. Ihre Arbeit bildet die Grundlage für Eigentumsnachweise, Flurstücksgrenzen und Bauvorhaben.
„Unser Beruf verbindet Technik, Naturwissenschaften, historische Entwicklungen und den menschlichen Aspekt“, erklärt Christian Böhmer. „Diese Mischung macht unseren Alltag so einzigartig.“
Das Berufsbild ist fest in Geodäsie und Geoinformatik verankert. Moderne Technologien wie GPS, Laserscanning und Satellitenbildverarbeitung gehören ebenso dazu wie umfangreiche rechtliche Kenntnisse. Die Ergebnisse der Vermessungen fließen in das Liegenschaftskataster ein und sind damit essenziell für Bauwesen, Verwaltung und wirtschaftliche Entwicklung.
Ein anspruchsvoller Berufsweg
Um ÖbVI zu werden, braucht es ein abgeschlossenes Studium im Vermessungswesen oder der Geodäsie, eine Laufbahnausbildung im höheren technischen Verwaltungsdienst, das zweite Staatsexamen und mehrere Jahre praktische Erfahrung. In Summe bedeutet das oft zehn bis elf Jahre Ausbildung. Mittlerweile ist das Berufsbild in jedem Bundesland bekannt – lediglich in Bayern existiert es gar nicht.
„Viele beginnen den Weg des Vermessungstechnikers, aber nur wenige  schaffen es, den Titel des ÖbVI zu erreichen“, sagt Nikolai Klein. „Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir sichtbar bleiben und den Beruf weitertragen.“
Regionale Bedeutung – damals wie heute
Das Mendener Vermessungsbüro gehört zu den ältesten in NRW: Seine Wurzeln reichen bis ins Jahr 1948 zurück, als nach dem Zweiten Weltkrieg das amtliche Vermessungswesen neu organisiert wurde und das Liegenschaftskataster in Nordrhein-Westfalen kommunalisiert wurde. Seit den 1960er-Jahren wurde das Büro von Hans Böhmer geführt, in den 1990er-Jahren übernahm Christian Böhmer. Heute sind dort zwölf Mitarbeitende beschäftigt, die regelmäßig auch im Raum Balve tätig sind.
Für Nikolai Klein, der in Balve wohnt und dort familiäre Verbindungen zur Vermessung hat, schließt sich ein Kreis: Sein Großcousin Fritz Herdes trug ebenfalls den Titel des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs und führte in den 70er Jahren ein Büro in Balve.
Blick in die Zukunft
Trotz der aktuellen Nachwuchsprobleme zeigt sich Christian Böhmer optimistisch: „Geodaten werden immer gebraucht. Unser Berufsbild wird weiter existieren – wir sind präsent, gehen mit der Zeit und werden so auch in Zukunft bestehen.“ LB