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Garbeck. Die Stadt Balve ist um ein Baudenkmal reicher. Der Ausschuss „Ehrenamt, Schule, Digitalisierung, Soziales“, kurz ESDS, hat in seiner Sitzung am Mittwoch das Gebäude „Vogelsberg“ in die Denkmalliste aufgenommen.

In irgendeiner Form hat wohl jeder schon mal etwas von dem Haus Vogelsberg gehört, dass zur Gemarkung Garbeck gehört, aber im Stephanopler Tal liegt, also auf der anderen Seite des Balver Waldes. Nach Hinweisen durch den Märkischen Kreis, dass das Haus einen historischen Bezug hat, hatte die Stadt Balve die Ermittlung über die Denkmalwertigkeit aufgenommen.

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In der Beschreibung des Denkmals durch den Gutachter Dr. David Gropp vom Landschaftsverband Westfalen Lippe befindet sich das Haus inmitten des Waldes, am Rande einer großen Lichtung. Er schreibt: „Es  steht dort ein eingeschossiges Fachwerkhaus mit pfannengedecktem Satteldach. Offensichtlich wurde es später nach Westen um einen Stallanbau verlängert.

Über einem Kellersockel aus Bruchstein erhebt sich das acht Gebinde lange, zweifach verriegelt und an den Ecken mit Schwelle-Rähm-Streben ausgesteifte Fachwerkhaus. Über dem Rähm liegen die eingehalsten Dachbalken, die quer
zum First spannen und den Sparren als Fußpunkte dienen, die mit den Kehlbalken wiederum das Dachwerk bilden. Der Dachraum war ursprünglich über eine Luke im Ostgiebel erschlossen. Der Stallanbau im Westen, der aufgrund des topographischen Gefälles tiefer liegt, ist teilweise in Bruchstein massiv aufgeführt. Die ergänzenden Fachwerkwände sind stöckig in das Mauerwerk eingefügt. Die Westgiebelwand ist bis auf das Giebeldreieck massiv.

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Im Inneren wird das Haus durch eine zentrale, haushohe Küche erschlossen, von der der in der nordöstlichen Hausecke liegende Keller abgeht. Nicht das gesamte Haus, sondern nur der nordöstliche Teil des Hauses ist unterkellert. Unmittelbar
neben dem Kellerabgang wird von der Küche über zwei Stufen eine Stube erschlossen, die auf der Nordseite des Hauses neben dem Kellerabgang liegt. Überdem Keller liegt eine weitere Kammer, die ebenfalls zwei Stufen über dem Küchenbodenniveau liegt. Sie nimmt die gesamte Ostgiebelfront ein. Von hier ist eine weitere kleine Kammer, die ebenfalls über dem Keller liegt, erschlossen (…)
Das Fachwerkhaus stellt sich heute in der Überformung als Jagdhütte dar, die es nach dem Erwerb durch Peter Grah 1906 erhalten hat. In diesem Zusammenhang wurde der Fliesenboden in der Küche verlegt, die Treppe eingestellt, um bequem
die Kammern zu erreichen, aber vor allem durch die Bodenluke auch von innen in den Dachraum zu kommen. Denn dort wurde an den vorhandenen Kaminzug eine Räucherkammer angebaut.

Die ursprünglich zwei Kammern auf der Ostseite wurden zu einer vereint, indem die Mittelwand herausgenommen wurde und die Balken durch einen Überzug im Dachraum abgefangen wurden. Ein Wandpaneel aus Pitchpine (?) umläuft die
untere Hälfte der Wände. Darüber befindet sich ein Fries aus Schablonenmalerei, der unter dem heutigen Anstrich nur an wenigen Stellen hervorlugt. Der alte Kachelofen befindet sich ebenfalls noch im Haus. Er war an den Kaminzug angeschlossen und erwärmte die große Stube. Über dem Stall befinden sich zwei niedrige Schlafkammern. (…)

Vor dem Haus erstreckt sich eine sehr große Wiese, die wohl mal als Hausgarten gedient hat. In einer „Hypothekentabelle“ von 1879 wird neben dem Haus mit Hofraum, ein Hausgarten, Acker und Holz aufgeführt. Obwohl diese Fläche heute nicht mehr kultiviert ist, ist sie noch als Freifläche erfahrbar und die ursprüngliche Nutzung als land- und forstwirtschaftliches Gebäude noch nachzuvollziehen.“

Der Gutachter kommt schließlich zu dem Urteil, dass „das hier in Rede stehende Fachwerkhaus mit dazugehörigem kleinen Wirtschaftsgebäude ist bedeutend für die Geschichte des Menschen, hier für die Ortsgeschichte von Stephanopel und Garbeck. Legt es doch in seinem hervorragend überlieferten Zustand Zeugnis über das Leben und Wirtschaften von Wald-
bauern und Köhlern in der Mitte des 19. Jahrhunderts ab. Es gehört damit zu den seltenen und noch dazu gut überlieferten Realobjekten, die uns vor Ort die Lebensverhältnisse vor Augen führen können. (…)

Während der ursprüngliche Bau, der noch sehr gut ablesbar erhalten ist, diesen bäuerlichen Aspekt bezeugt, bildet die Überformung von 1906, eine zweite Bedeutungsschicht dieses Baudenkmals, die ebenfalls bedeutend für die Geschichte
des Menschen, hier für die Entwicklung des Sauerlandes zum Naherholungsgebiet für die städtischen Regionen ist. Insbesondere das Sauerland wurde zunächst von wohlhabenden großbürgerlichen Kreisen als Erholungsgebiet erkannt. (…)

Weiterhin ist das Haus bedeutend für Städte und Siedlungen, da es mit seiner Alleinlage zeigt, dass die Bewirtschaftung des Waldes nicht nur von den Bauernhöfen in den Ortslagen ausging, sondern auch durch Häuser vor Ort geschah. Diese selten in dieser Form überlieferten Gebäude sind wichtige Zeugnisse auch der Wirtschaftsgeschichte.

Daraus folgt auch eine Bedeutung für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse. Da das Gebäude wohl für die Holzproduktion zur Energieversorgung der Glashütte in Stephanopel entstanden ist, zeigt es auch, warum im 19.
Jahrhundert gerade in den ländlich abgelegenen Regionen energieintensive Wirtschaftsbetriebe entstanden sind und wie sie funktionierten.

Für die Erhaltung und Nutzung liegen wissenschaftliche, hier hauskundliche Gründe vor, da das Gebäude aufgrund seines guten Überlieferungszustandes ein gutes Beispiel für die Fachwerkbauweise (Geschossbau) der Mitte des 19. Jahrhunderts ist. Das zeigt sich auch darin, dass der etwas spätere Stallanbau in anderer, stöckiger Bauweise abgebunden wurde.

Weiterhin liegen für die Erhaltung und Nutzung volkskundliche Gründe vor, da die Überformung des land- und forstwirtschaftlich genutzten Hauses in eine Jagdhütte, den Charakter und die Anforderungen an letztere sehr gut überliefert.
Hier steht das Gesellige im Vordergrund, das beispielsweise durch die Vergrößerung der „Hauptstube“ verdeutlicht wird.“

All das waren wohl Gründe, denen sich die Ausschussmitglieder nicht verschließen konnten. Sie stimmten einstimmig für die Eintragung des Hauses Vogelsberg in die Denkmalschutzliste.


Titelfoto: Das Haus Vogelsberg ist ein Fachwerkhaus in freier ehmaliger Hausgartenfläche und ist von Wald umgeben. @ Gutachten Dr. Gropp

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