Anzeige

entnommen der gedruckten Ausgabe der Hönne-Zeitung –

Balve. Wer unbedarft das Balver Schützenfest besucht, wird oft Zeuge eines archaisch anmutenden Brauches: der Huteinweihung. Als ich selbst das erste Mal „behütet“ in die Höhle marschierte warnte mich ein Freund vor: „Du weißt was passiert, wenn man einen neuen Hut trägt?“
Was mir dann offenbart wurde mochte ich kaum glauben: Als Initiation werde einem zu einem unvorhergesehenen Zeitpunkt der Hut genommen und mit Bier befüllt. Die Maßgabe ist: Austrinken oder Aufsetzen! Meinen Unglauben bemerkend empfahl er mir die Hüte der anderen mit meinem Eigenen zu vergleichen.
Ein Kniff an der vorderen Hutspitze verriet mir, dass es sich hier keinesfalls um einen Scherz zu handeln schien. Der Kniff rühre vom Halten des durchfeuchteten Hutes während eben dieses Brauches her. Die Vorwarnung brachte mir nicht viel.
Im Verlauf eines feucht fröhlichen Samstags vor etwa 10 Jahren wurde mir dann tatsächlich der grüne Filz vom Kopf entwendet. In so einen Schützenhut geht recht viel rein, vor allem wenn man mit einem gewissen Dickkopf gesegnet ist, stellte ich fest.
Meiner ersten Eingebung zu warten, bis der Hut durchtränkt und der Gerstensaft von selbst seinen Weg auf den Höhlenboden suchte, wurde schnell der Garaus gemacht: Ein Tablett unter den Hut gehalten und was durchtropft wurde oben wieder hinein geschüttet. Wer solche Freunde hat…
Naja, Spielverderber will man ja auch nicht sein und setzt an, das Unmögliche zu schaffen, um dann festzustellen, dass es dies tatsächlich ist: unmöglich – zumindest für mich. So blieb mir nichts anderes übrig als den halb geleerten Hut wieder an seinen Ursprungsplatz zurückzusetzen, nicht ohne mich selbst völlig zu durchnässen. Peinlich – dachte ich zunächst.

Keine Peinlichkeit – Glückwünsche zur Huteinweihung

Anzeige

Doch zu meinem Erstaunen blickte ich bei meinem Gang aus der Höhle zwecks Trocknung in etliche glückliche und sichtlich stolze Gesichter: „Hattest du Huttaufe? Glückwunsch!“ Was mir zunächst archaisch anmutete schaffte Zusammengehörigkeit. Der Hut wurde ein geschätzter Teil der eigenen (Schützen-)Identität und so wie er uns Schützenbrüder über die Tage des Festes vor Sonne und Regen beschützt behüten wir ihn nach dieser Prozedur den Rest des Jahres über, alleine schon um uns diesem Schauspiel nicht erneut aussetzen zu müssen.
Als gebürtiger Lendringser und lange aktiver Lürbker Schützenbruder war mir der Brauch unbekannt. Überhaupt wird die Tradition, dass alle Mitglieder, also auch die Nicht-Aktiven einen Schützenhut beim Fest der Feste tragen unterhalb von Klusenstein nicht gepflegt. Schade. Denn durch das Tragen des Hutes erzeugen wir in Balve und den Ortschaften eine ganz besondere Einigkeit. Die Botschaft ist: Unterm Hut sind wir alle gleich, zumindest für drei Tage im Jahr. Daniel Pütz

Anzeige