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entnommen der gedruckten Ausgabe der Hönne-Zeitung –

Balve. Heinrich Stüeken (Foto), langgedientes UWG-Fraktionsmitglied, wurde nun in einer Sondersitzung aus der UWG-Fraktion ausgeschlossen. Grundlage hierfür bietet das Fraktionsstatut. Hier heißt es, ein Ausschluss sei zulässig, wenn ein Mitglied gegen die Interessen und Beschlüsse der Fraktion verstoße und dem Ansehen und der politischen Arbeit der Fraktion wissentlich und mutwillig schade.
Auf Anfrage nach den Gründen für den Ausschluss hält sich Fraktionsvorsitzender Lorenz Schnadt bedeckt. Die Gründe seien Heinrich Stüeken mitgeteilt worden, man werde dazu öffentlich keine Stellung beziehen. Das Votum der Fraktionsmitglieder war eindeutig. Sieben zu eins gegen den UWG-Mann.
Die Gründe die Stüeken genannt wurden, hält er nicht für stichhaltig, wie er der HÖNNE-ZEITUNG gegenüber ausführt. Ihm werde vorgeworfen, gegen einen Pressevertreter rechtlich vorgegangen zu sein, der ihn aus seiner Sicht verunglimpft habe ohne die Fraktion darüber zu informieren. Zunächst einmal sei die Fraktion durch den Redakteur unterrichtet worden, darüber hinaus, handele es sich hier um seine Privatsache.
Außerdem habe er sein Mandat nicht nach der Hälfte der Legislaturperiode zurückgegeben, wie er es anfangs angekündigt hatte. „Zu dem Zeitpunkt hatten wir niemanden sonst“, erwidert er auf den Vorwurf.
Für Stüeken ist klar, dass sein Ausschluss in erster Linie mit seinen Einlassungen zur Hönnefauna und seiner eigens angestrengten Untersuchung des Gewässers zusammenhängt.
Zur Person Stüeken gibt es viel zu sagen: Heinrich Stüeken ist eine feste Größe in der Balver Politik. Seit vielen Jahren vertritt er die Belange Balver Bürger als Mitglied der UWG-Fraktion im Rat der Stadt Balve. Er gehörte zu den Männern der ersten Stunde, als die unabhängige Wählergemeinschaft in den 1970er Jahren gegründet wurde, um ein Zwei-Parteien-Balve zu verhindern. Doch auch für höhere Aufgaben fühlte sich Stüeken berufen. So ist er Mitglied im Kreistag des Märkischen Kreises. Außerdem bekleidete er das Amt des stellvertretenden Bürgermeisters.
Als Naturschutzwächter des Märkischen Kreises soll er laut Landesnaturschutzgesetz NRW über „nachteilige Veränderungen in der Landschaft benachrichtigen und darauf hinwirken, dass Schäden von Natur und Landschaft abgewendet werden.“ In seinem Studium vor seiner 32-jährigen Tätigkeit als Lehrer im Hauptfach Biologie am Anne-Frank-Gymnasium Halver hat er die Befähigung dazu erlangt.
Häufig wird er als „grüner als die Grünen“ oder als „grünes Gewissen der Stadt“ betitelt. So machte er oftmals auch mit ungemütlichen Anmerkungen einen Stadtverband der Grünen obsolet. Zuletzt machte Stüeken Schlagzeilen, als er in der Ratssitzung verkündete, dass in der Hönne die kleine Quellschnecke, eine Rotlistentierart, ansässig sei und daher weitere Bauvorhaben auch in Bezug auf den Hochwasserschutz strittig seien. Ein Irrtum wie sich durch Spezialisten-Prüfung herausstellte. Die von ihm zunächst als kleine Quellschnecke klassifizierten Exemplare stellten sich als Angehörige einer nicht gefährdeten, der Quellschnecke sehr ähnlichen Art, heraus. Stüeken räumte seinen Irrtum öffentlich ein. Unstrittig ist aber der Nachweis des europäischen Edelkrebses in der Hönne, der ebenfalls auf der Roten Liste steht und künftige Bauvorhaben um das Gewässer erschweren könnte. Auch auf dessen Ansässigkeit hatte Stüeken in besagter Ratssitzung hingewiesen. Der Nachweis erfolgte nicht durch ihn, sondern durch das Naturschutzzentrum Märkischer Kreis. Stüeken fungierte dem Rat gegenüber als Informant.
Die Nachricht hatte er in seiner Funktion als Vorsitzender der Fischereigenossenschaft erhalten. Erst dieser Umstand habe Stüeken dazu bewogen eigene Untersuchungen anzustrengen, wie er erklärt. Doch bereits im Vorfeld hatte er im Rat auf das Problem aufmerksam gemacht.
Im öffentlichen Protokoll der Ausschusssitzung „Umwelt, Stadtentwicklung, Bau“ vom 7. März ist unter Punkt 7 zu lesen, dass Stüeken beantragte bei allen Maßnahmen, die der Hochwasserprävention dienten eine Artenschutzprüfung unter Berücksichtigung der Makrozoobenthos Fauna durchzuführen sei. Unter Makrozoobenthos versteht man wirbellose Tiere, wie Krebse oder Schnecken, die im oder am Gewässerboden leben, zu denen auch der europäische Edelkrebs zählt. Dieser Antrag wurde allerdings abgelehnt.
Wäre man dem Antrag gefolgt, hätte man unabhängig vom Naturschutzzentrum Märkischer Kreis feststellen können, dass der Europäische Edelkrebs in der Hönne vorkommt beziehungsweise, ob er an der von den Baumaßnahmen betroffenen Stelle existiert.
Warum man bei Baumaßnahmen, die direkt in ein Flussbett eingreifen, lediglich das umliegende Gelände auf gefährdete Arten wie Fledermäuse oder ähnliche Tiere überprüft, nicht aber das Gewässer selbst, ist für Stüeken nicht nachvollziehbar, zumal wenn bei deren Vorkommen, wie es in der Ratssitzung hieß, sich die geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen erledigt hätten. Jetzt müsse man sich den Vorwurf gefallen lassen, dass man nicht so genau hingeschaut habe.
Auf Nachfragen bei Sven Rothauge, zuständig für Stadtplanung und Bauordnung bei der Stadt Balve, wird der HÖNNE-ZEITUNG erklärt, dass im Zuge der wasserrechtlichen Genehmigung eine artschutzrechtliche Vorprüfung durchgeführt wurde. Diese umfasse eine Begehung des Plangebietes sowie die Auswertung vorhandener Daten zu planungsrelevanten Arten. Dazu gehörten Säugetiere, Vögel, Amphibien und Reptilien, nicht aber angehörige eben dieser Makrozoobenthos Fauna.
Laut Naturschutzzentrum MK sei nun die untere Naturschutzbehörde des Märkischen Kreises verantwortlich. Hier sei dann zu entscheiden, wie der Nachweis zu behandeln sei.
Heinrich Stüeken wird zunächst fraktionslos Mitglied im Rat bleiben. Rechtliche Grundlage bietet laut Auskunft der Stadt hier die Geschäftsordnung des Stadtrates. DP

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