Anzeige

entnommen der gedruckten Ausgabe der Hönne-Zeitung –

Balve. Work-Life-Balance bezeichnet einen Zustand, in dem Arbeit und Freizeit nicht miteinander konkurrieren, sondern in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. In Zeiten des Fachkräftemangels werben immer mehr Unternehmen mit diesem Schlagwort, um die heißbegehrten Arbeitskräfte. Grund genug unter anderen auf Initiative der IG Metall, dem Zentralverband des deutschen Handwerks und des Arbeitgeberverbandes BDA ein Pilotprojekt zu starten, um gemeinsam mit 50 deutschen Unternehmen und der Universität Münster zu eruieren, inwieweit die Vier-Tage-Woche zu diesem Zustand beitragen kann.
In Balve ist man schon etwas weiter. „Ich bin lieber Vorreiter als Mitläufer!“ Sandra Lüngen, Geschäftsführerin von HLH BioPharma schafft ab dem 1. November Fakten. „Ich schenke unseren Mitarbeitern einen Arbeitstag.“
Was nach verrückter Utopie klingt habe einen handfesten Hintergrund. Erfahrungen aus Modellversuchen in anderen Ländern zeigten, dass Kündigungen abnähmen, Krankmeldungen seltener würden, die durchschnittliche Produktivität steige und das Burnout-Risiko sinke. 80 Prozent Arbeitszeit bei 100-prozentigem Gehalt.
Im Prinzip handele es sich um eine Gehaltserhöhung, die in Zeit ausgezahlt werde. Laut Lüngen eine Win-Win Situation für das Unternehmen, dass auf diese Weise Geld spare und produktivere, zufriedenere und motiviertere Mitarbeiter bekomme und für die Mitarbeiter, die so mehr Zeit für sich, Familie, Freunde und Hobbies hätten.
Das Konzept ist einfach. Alle Mitarbeiter, die regulär fünf Tage pro Woche arbeiten, können sich aussuchen, ob sie künftig den Montag oder den Freitag zuhause bleiben. Voraussetzung ist nur, dass man sich im jeweiligen Team auf beide Tage aufteilt.
Jede Woche langes Wochenende, der Traum eines jeden Angestellten: „Man kennt das doch, das Wochenende beginnt, man hat einen Haufen Arbeit zuhause und wenn man endlich zum Entspannen kommt ist schon wieder Sonntagabend.“ Was die Mitarbeiter mit ihrem geschenkten Tag machen sei ihnen freigestellt.
Manche suchten sich einen Nebenjob, andere erzählen von mannigfaltigen Freizeittätigkeiten, Saunagängen und anderen Entspannungsmöglichkeiten am freien Tag. Auf die Frage, ob darunter nicht die Produktivität leide, antwortet Lüngen: „Ich vertraue meinen Mitarbeitern und denke, dass sie das neue Konzept zu schätzen wissen. Dann wird halt während der Arbeitszeit mal ein Kaffee weniger getrunken.“
Rechtlich stehe dem Versuch nichts im Wege. Lediglich eine Ergänzung im Arbeitsvertrag sei nötig. Durch die hälftige  Aufteilung der freien Tage auf Montag und Freitag blieben die Öffnungs- und Servicezeiten im Betrieb gleich. Es seien einfach nur nicht immer alle vor Ort und was sonst in fünf Tagen zu erledigen war, werde nun in vieren abgearbeitet.
Ob das Ganze zu einem ähnlichen Erfolg werde wie seinerzeit die Einführung der Gleitzeit im Unternehmen werde die Zeit zeigen. Das Modell sei zunächst auf ein Jahr begrenzt. Danach werde Resümee gezogen. Eines sei jetzt schon klar, selbst wenn man dann wieder auf die Fünf-Tage-Woche wechsele: Das Gehalt der Mitarbeiter werde dann mit nach oben korrigiert. 20 % blieben also für die Angestellten.
Ob sie diese dann in Zeit oder Geld bekämen liege letztlich daran, wie sie in den nächsten zwölf Monaten mit diesem Geschenk umgehen würden. DP


Titelfoto: Sandra Lüngen (Bildmitte) vertraut ihren Arbeitskräften..  Foto: HLH

Anzeige

Anzeige