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Helle. Chemie Wocklum hat Zuwachs bekommen. Und das nicht zu knapp: Gleich eine halbe Million Arbeitswillige haben sich der Firma angeschlossen. Langfristige Arbeitsverträge haben sie allerdings nicht abgeschlossen, liegt ihre Lebenserwartung doch nur bei etwa sechs Wochen. Die Rede ist natürlich nicht von menschlichen Mitarbeitern, sondern von Bienen.
Mittlerweile stehen neun Wirtschaftsvölker am Standort in Balve. Im letzten Jahr waren es noch fünf. Die etwa 200 Kilogramm Honigernte wurden von den Imkern Manuel Harings und Matthias Goseberg in Gläser abgefüllt und an die Belegschaft als Weihnachtsgeschenk verteilt. In diesem Jahr plant man neben Honiggläsern und Bienenwachskerzen auch Met zu produzieren. Der eigene Honigwein dürfte der Renner auf der nächsten Firmenweihnachtsfeier werden.
Als die HÖNNE-ZEITUNG die beiden Imker besucht ist. ist Schwarmzeit. Das bedeutet arbeitsreiche Wochen für die beiden Imker. Regelmäßig müssen die Beuten, so nennen sich die Bienenkästen, geöffnet werden. Der Imker kontrolliert dann die Waben auf sogenannte „Weiselzellen“. Diesen Zellen entschlüpfen – wenn man sie gewähren lässt – neue Königinnen. Diesen natürlichen Fortpflanzungsprozess versucht der Imker nach Möglichkeit zu unterbinden, indem er die Weiselzellen entfernt. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich die alte Königin mit der Hälfte ihres Staates auf die Reise macht, um ein neues Refugium zu finden.
Eigentlich unterscheiden sich „normale“ Bienen nicht von den Königinnen. Das Futter macht es. Mit dem sogenannten „Gelée royale“, über die ersten drei Larvenstadien hinaus versorgt, wird aus der gewöhnlichen Bienenlarve eine Königin. Diese haben dann mit bis zu fünf Jahren eine deutlich höhere Lebenserwartung, allerdings entnimmt man die Königinnen meistens nach spätestens zwei Jahren, da dann die Legeleistung nachlasse und deren Völker aggressiver würden.
Wenn es dann doch mal zum Schwärmen kommt und sich ein solcher Schwarm im eigenen Garten niederlässt, kann man den Imker zur Hilfe rufen. Er sammelt die Traube, die der Schwarm irgendwann bildet, ein.
Ohne die Hilfe des Imkers kann die Honigbiene in der Wildnis nicht lange überleben. Dafür sorgt die Varroa Milbe. Ein weit verbreiteter Bienenschädling, dem der Imker nach der Augusternte auf den Leib rückt. Wer schon mal Zeuge eines Bienenschwärmens geworden ist, kann von diesem Schauspiel nur beeindruckt sein. Er weiß aber auch, dass einem Angst und Bange bei der schlichten Anzahl an Bienen werden kann, die ein solcher Schwarm umfasst.
Angst haben die beiden Imker vor ihren Bienen nicht. „Klar stechen die mal, aber in der Regel nur, wenn man sie quetscht.“ Dies sei ein Erfolg der Zucht. Wenn man ein besonders friedliches Volk habe, lohne es sich die Königinnen zu entnehmen und damit weiterzuzüchten.
Auf ihrem Hochzeitsflug werde die Königin von mehreren Drohnen begattet, so dass man natürlich nie genau wisse, welches Genmaterial man sich in den neuen Staat holt. Spezielle Belegstationen auf den Nordseeinseln, wo es nur ausgesuchte Zuchtvölker gibt, können hier Abhilfe schaffen, sind aber auch in der Nutzung recht teuer.
Bei der Kontrolle der Waben beräuchern die Imker immer wieder ihre Schützlinge mit dem „Smoker“ einer Art Blasebalg. Ein weit verbreiteter Irrtum sei es, dass der Rauch die Bienen beruhige. Das Gegenteil sei der Fall. Der Rauch gaukele den Bienen einen Brand vor, so dass sie sich in ihren Stock zurückziehen, um den Honig zu retten und den Imker dann in Ruhe lassen.
Trotz Schutzkleidung kann es natürlich immer mal zum Stich kommen. Dass seine Bienen nun in Wocklum stehen hatte vor allem den Grund, dass sein alter Standort durch zwei beim Sturm umgefallene Bäume nicht mehr nutzbar gewesen sei. Gero Hertin, Geschäftsführer der Firma, war der Idee, die Bienen gegenüber der Balver Höhle auf dem Firmengelände zu beherbergen, direkt aufgeschlossen gegenüber und habe sich mittlerweile zum echten Honig-Fan entwickelt, so dass nun drei der neun Völker ihm gehören.
Besonders freuen sich die Imker natürlich auf die Honigernte. Hierbei werden die Waben in eine Schleuder gesteckt, die mittels Zentrifugalkraft das Immengold aus den Waben treibt. Eigentlich verwandeln die Bienen den Nektar in Honig, um damit Fraßvorräte anzulegen. Damit die Bienen aufgrund der Honigentnahme nicht verhungern, reicht der Imker seinen Schützlingen Futtersirup als Substitut.
Wenn der goldgelbe Honig dann aus den Waben fließt, ist das für die beiden Imker immer ein ganz besonderer Moment. Die Honigbiene ist im Gegensatz zur Wildbiene ein Allrounder. Sie nimmt so gut wie alle Blüten an, die sie in ihrem Flugradius von zwei bis drei Kilometern vorfindet. So ist die sogenannte „Frühlingsblüte“, aber auch die „Sommertracht“ eben kein sortenreiner Honig. Aber genau diese Vielfalt aus Wald, Feld und Wiese im Umfeld der Chemischen Fabrik Wocklum macht den firmeneigenen Honig zu etwas ganz Besonderem..   DP


Titelfoto: Die fleißigen Imker mit ihren fleißigen Bienen.

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Balver schrieb Doktorarbeit
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