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Balve/Helle. Ehrfurchtsvoll durchschreiten die SPD-Bundespolitikerinnen Katrin Budde und Bettina Lugk den Eingang zur Balver Höhle. Die Vorsitzende des Bundes-Ausschusses für Kultur und Medien aus Sachsen-Anhalt besucht gemeinsam mit ihrer Kollegin im Bundestag, die heute im Sauerland lebt und hier im Wahlkreis Märkischer Kreis 2 erneut kandidiert, das Wahrzeichen der Stadt Balve.
Mit in der noch recht frostigen Höhle sind alter und neuer Brudermeister Christoph „Keksi“ Rapp und Vorsitzender der Festspiele Balver Höhle, Lukas Koch, sowie die zweite Vorsitzende Steffi Schulte.
Der Chef der Balver Schützen erklärt die Gemengelage: Eigentümer der Höhle sei die Stadt Balve, die Schützenbrüder seien aber als Pächter vollumfänglich für deren Instandhaltung zuständig. Als Verein lebe man in erster Linie von der Vermietung. Seien früher beim Schützenfest noch bis zu 25.000 Euro Überschuss erzielt worden, liege dieser heute wegen hoher Auflagen, gestiegener Preise und Mehraufwänden nur noch bei 3000 Euro. Dem Gegenüber stünden unter anderem Kosten für die Betriebssicherung, die bei den jährlichen Begehungen durch das Bergbauamt angeordnet würden.
Beispielsweise müssten immer wieder Sicherungsanker installiert werden. Die schlügen alleine mit bis zu 4000 Euro pro Stück zu Buche und das ohne die noch anfallenden Installationskosten durch die Firma Feldhof. Hauptträger der Kulturarbeit in Balve seien die Schützenbruderschaft, der Festspielverein und der Reitverein, die Stadt habe sich aus diesen Dingen weitestgehend rausgezogen.
Lukas Koch pflichtet bei. Die Zusammenarbeit zwischen Bruderschaft und Festspielverein erweise sich für beide Seiten als positiv. Schützenvereine würden bei vielen Fördermaßen generell keine Berücksichtigung finden, wo der Festpielverein als originärer Kulturträger anspruchsberechtigt sei. Dies kenne Katrin Budde aus ihrer Heimat in Sachsen nicht, hier seien Schützenvereine als Kulturträger bekannt.
Rapp und Koch machen weiter den Stellenwert der Balver Höhle für den Ort klar. Von den Veranstaltungen profitierten der Einzelhandel, die Hotellerie, die Gastronomie und die Tankstellen. Als Beispiel werden die großen Supermärkte an der Hönnetalstraße genannt, die sich von der Bruderschaft extra Belegungspläne geben lassen, um ihren Einkauf zu planen.
Koch führt weiter das hohe finanzielle Risiko für die agierenden Vereine aus, am Beispiel der Veranstaltungsverbote in der Coronazeit, die den Verein fast in den finanziellen Ruin gestürzt hätten. Seinerzeit hatte der Verein die Tribüne bereits aufgebaut, ohne im Nachgang Einnahmen generieren zu können, die die Aufbaukosten von 19.0000 Euro kompensieren hätten können.
Er erklärt die besonderen Herausforderungen gegenüber anderen Freilichtbühnen mit festem Spielort. Dazu komme, dass gerade die hybride Situation in der Höhle dafür sorgt, dass man es auch auf bürokratischem Sektor schwierig habe. Lange habe es gedauert, überhaupt als Betreiber einer Freilichtbühne anerkannt zu werden, da die Höhle nicht als feste Spielstätte eingeordnet wurde, obwohl die Festspiele seit vielen Jahrzehnten immer zur gleichen Zeit am gleichen Ort zur Aufführung kommen.

Für die heimische Bundestagsabgeordnete Bettina Lugk (Mitte) waren einige Probleme im Zusammenhang mit der Höhle unbekannt.

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In diesem Zusammenhang wird es dann auch konkreter in seinem Anliegen an die Politik. Seit Corona sei die ehemalige Diskothek neben der Höhle geschlossen. Durch die Tunnelverbindung zur Höhle biete sich diese als Backstagebereich und Lager für die Festspiele, aber auch für Veranstaltungen durch die Bruderschaft an. Man wünsche sich den Zugang zu Fördermitteln, um die Stätte fest und langfristig anmieten und renovieren zu können. Eine dauerhafte Geschäftsstelle und eine Ausstellung zur Vereinshistorie soll hier eingerichtet werden.
Besonders bemängelt werden die hohen Ansprüche an Förderanträge. Diese seien für Ehrenamtler, die das Geschäft nebenbei machen, kaum zu durchdringen. Gelder werden so häufig gar nicht abgerufen.
Ein Beispiel dafür sei der Neubau der Toiletten. Man habe hier auf Fördergelder verzichtet, da eine Toilettenrenovierung nicht förderwürdig sei und eben die Beantragungen generell zu kompliziert und das, obwohl die Ansprüche an eine Eventlocation, die jährlich etwa 50.000 Besucher beherbergt, ohne Frage gestiegen seien, wozu eben auch ausreichend Toiletten in entsprechend zeitgemäßen Gewand gehören.
In Eigenregie, mit Eigenkapital und dank Spenden wurden jetzt die Abflüsse neu gemacht, es kommen zwei neue Damentoiletten hinzu und die Renovierung nimmt ihren Lauf – auch ohne Unterstützung aus öffentlicher Hand. Die barrierefreie Toilette werde beim Neubau des Kassenhäuschens dort integriert.
Der Hauptappell der Vereinsvertreter an die Politik ist klar: Entlastung des Ehrenamtes durch Entbürokratisierung und leichterer Zugang zu Geldern. Als Beispiel nennt Koch die Tagung der Vertreter der Freilichtbühnen. Diese fand mit 250 Personen statt und war somit brandwachenpflichtig. Die Kosten alleine dafür: 2000 Euro.
Das Schützenfest koste mittlerweile im Sanitäts- und Sicherheitsbereich rund 150.000 Euro, ergänzt Rapp. Richtlinien würden zu streng ausgelegt und es gäbe zu wenig belastbare Entscheidungen. Die Diskussion, ob die Höhle als Schützenhalle zu betrachten sei, wäre nur ein Beispiel.
In einem ist man sich einig: Förderrichtlinien werden in Deutschland so eng gefasst, um Missbrauch zu verhindern, dass das Geld auch nicht mehr bei denen ankommt, die es wirklich brauchen. In Bezug auf seine Erwartungen bezüglich der Ergebnisse aus dem Ortstermin zeigt sich Christoph Rapp skeptisch. Im letzten Wahlkampf habe man auch bereits hohen politischen Besuch gehabt, mit einigen Versprechen. Passiert sei nichts. DP


Titelfoto: Die Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien aus Sachsen-Anhalt (2. v. r.) beuschte zusammen mit der heimischen Bundestagsabgeordneten Bettina Lugk die Balver Höhle. Sie ließen sich über die Problematik als Veranstaltungsstätte informieren. Fotos: Daniel Pütz

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