Stadt Balve. Die Grundsteuer B stellt die drittgrößte Einnahmequelle der Stadt Balve dar. Übertroffen wird sie lediglich von den Einnahmen der Gewerbesteuer und dem Anteil der Einkommenssteuer, der der Kommune zufällt. So berichtet Ralf Runte (Foto), seit 2024 Kämmerer der Stadt Balve und Nachfolger von Hans-Jürgen Karthaus.
Damit gilt dieser Steuerform natürlich die besondere Aufmerksamkeit des Herren über die städtischen Finanzen. Im Jahr 2025 lag das Aufkommen bei etwa 2,8 Millionen Euro. Wie eigentlich alle Hauseigentümer wissen, steht im Jahr 2025 eine Reform des Grundsteuerrechtes an.
Hintergrund ist folgender: Mehrere Unternehmen und Einzelpersonen hatten vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt, dass die bisherige Berechnung der Grundsteuer eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes darstelle. Zur Berechnung wurden bislang die sogenannten Einheitswerte zugrunde gelegt, die in Westdeutschland seit 1964 und seit 1935 in Ostdeutschland nicht mehr angepasst wurden. Ausnahme bilden Neubetrachtungen, beispielsweise bei Anbauten oder Ähnlichem.
Das Bundesverfassungsgericht beschloss 2018, dass diese Berechnungsmethode verfassungswidrig sei und diese erhebliche Ungleichbehandlung bis Ende 2024 behoben werden müsse. Und da stehen wir nun.
In einem Kraftakt mussten die Finanzämter die Eingaben von Haus- und Grundstückseigentümern erfassen und so neue Bewertungsgrundlagen schaffen. Dieser Prozess ist nun weitestgehend abgeschlossen. Diese neuen Grundsteuerwerte (vormals Einheitswerte) sollen künftig in regelmäßigen Abständen von maximal 10 Jahren angepasst werden, um eine solche Situation nicht wieder entstehen zu lassen.
Doch schauen wir auf die Zahlen. In Balve gibt es 5100 Grundsteuer-B-Fälle. Grundsteuer B bezieht sich auf bebaute und unbebaute Grundstücke für private und gewerbliche Zwecke, während die Grundsteuer A auf land- und forstwirtschaftliche Flächen bezieht. Etwa 700-800 Fälle seien Karteileichen, erklärt Ralf Runte.
Die Summe aller Messbeträge liege bei 408 Millionen. Leider stehe diese Summe den erwarteten 500 Millionen hinterher. Nun war von vornherein klar, dass die Grundsteuerreform seitens der Kommunen nicht für eine verkappte Grundsteuererhöhung genutzt werden solle. Das Stichwort heißt: Aufkommensneutralität. Das bedeutet, der Kommune solle nach der Erhöhung nicht mehr Geld zur Verfügung stehen als vorher. Es solle lediglich anders verteilt werden.
Nun ergibt sich aus der Summe aller Einheitswerte mal einen Faktor X der Messbetrag mit dem multipliziert mit dem von der Kommune festgesetzten Hebesatz das Grundsteueraufkommen berechnet wird. Wenn die Stadt Balve nun beim ehemaligen Hebesatz von 675 Hebesatzpunkten geblieben wäre, wäre ein hohes Defizit zu erwarten gewesen. So hoch, dass die Stadt wohl in die Haushaltssicherung rutschen würde.
720 Punkte seien das Mindeste, um dieser Misere zu entgehen, um aber tatsächlich dieselben Einnahmen wie 2024 zu erhalten, müsse man auf 950 Punkte erhöhen. Was die Grundsteuer B angeht war 2024 allerdings auch schon ein spannendes Jahr. Denn bereits damals wurde der Hebesatz angehoben. Ralf Runte erklärt dies damit, dass man einen Ballungseffekt vermeiden wollte. Bereits Ende 2023 sei abzusehen gewesen, dass sich die Summe der Messbeträge nicht erhöhe, sondern verringere. Da eine Anpassung der Hebesätze aufgrund der Steuerreform in Kombination mit einer Erhöhung kaum vermittelbar gewesen wäre, sei man vermutlich den zweischrittigen Weg gegangen. Vorher waren die Grundsteuern seit 2013 nicht mehr angepasst worden, waren also 10 Jahre lang stabil.
Hans-Jürgen Karthaus, ehemaliger Kämmerer der Stadt Balve erklärte seinerzeit in einem Interview mit der HÖNNE-ZEITUNG auf die Frage, ob es nicht sinnvoller sei die damals geplante Anpassung bis zur Reform aufzuschieben, dass die „derzeitige haushaltswirtschaftliche Situation in der Ergebnisplanung für die Jahre 2024 bis 2027 schon zum jetzigen Zeitpunkt die vorgesehene Erhöhung der Grundsteuer erfordert“.
Nun hatten sich im vergangenen Jahr die Einnahmen aus der Gewerbesteuer allerdings wider Erwarten positiv entwickelt. Vergleicht man die Hebesätze der Kommunen untereinander stellt man fest, dass Balve im Märkischen Kreis vergleichsweise hoch ansetzt. (2024 an fünfter Stelle von 15, während sich zwei Kommunen Platz vier teilen – Quelle SIHK zu Hagen). Man müsse aber vorsichtig sein, dass man nicht Äpfel mit Birnen vergleiche. Balve erhebt trotz Empfehlung der Kommunalaufsicht keine separaten Gebühren für Straßenreinigung und Winterdienst. Laut Ralf Runte würde eine aufwandsbezogene Gebühr die Hebesätze um 15-30 Prozentpunkte reduzieren. Andere Kommunen, die das so handhaben wiesen in ihrer Grundsteuersatzung explizit auf diesen Umstand hin. In Einzelfällen treibt die Anpassung der Grundsteuer interessante Blüten. Teilweise schössen die Messbeträge bis zum 20-fachen in die Höhe, teilweise seien sie absurd niedrig. Für die allermeisten ändere sich aber nicht wirklich viel. Ob dies nun der Realität entspreche oder an Fehlern bei der Eingabe durch den Eigentümer oder bei der Weiterverarbeitung im Finanzamt entstanden sei, wisse man nicht. Auch ist nicht ersichtlich, wie viele Einspruchsverfahren derzeit noch anhängig sind, erklärt Ralf Runte.
Von daher sei es durchaus möglich, dass sich die Messbeträge für Balve nochmal ändern. Wichtig für die Bürger sei auf jeden Fall zu wissen, dass die Festlegung des Grundsteuerwertes nur durch das Finanzamt erfolge. Wenn es hier also zu Unstimmigkeiten komme, müsse auch dorthin der Einspruch gerichtet sein. Allerdings sei damit zu rechnen, dass die Finanzämter mit dem aktuellen Aufkommen sehr stark ausgelastet sein werden.
Doch wer ist nun von der Erhöhung besonders betroffen? Festzustellen sei, dass die Grundsteuern für Privatimmobilien deutlich höher steigen als die von Gewerbeimmobilien oder solcher mit Mischnutzung. Das läge daran, dass diese Immobilien in der Vergangenheit bereits gerechter und zeitnäher bewertet wurden. Die Einspareffekte von Privatpersonen aus den letzten Jahrzehnten werden also lediglich jetzt korrigiert. Es gäbe auch die Möglichkeit mit differenzierten Hebesätzen zu arbeiten. Dies sei aber aus Runtes Sicht nicht zu empfehlen, da hier noch keine Rechtssicherheit bestehe. Mit Sicherheit werde hier geklagt werden und das Rechtsrisiko liege hier bei der Kommune. Sollte eine Klage gegen die Differenzierung durchkommen, könne man im Nachgang als Kommune diese nicht für das vergangene Jahr rückgängig machen.
Im schlimmsten Falle drohten so hohe steuerliche Ausfälle. Daher sei der Stadtrat auch der Empfehlung der Verwaltung gefolgt und habe von der Differenzierung Abstand genommen.
Die SPD hatte ihren Antrag auf ein Belassen bei 675 Hebesatzpunkten zurückgezogen. Auch dem Antrag der UWG den Hebesatz auf 800 Punkte anzuheben sei man nicht gefolgt, stattdessen sei der Hebesatz jetzt auf 950 Punkte festgesetzt worden.
Lorenz Schnadt von der UWG Fraktion hatte argumentiert, dass zwar einerseits die Stadt nichts für die Reform könne, andererseits der Bürger aber auch nicht und so einen Mittelweg vorgeschlagen. Runte sieht in der Anpassung keine Steuererhöhung im eigentlichen Sinne, da unterm Strich ja nicht mehr Einnahmen zu erwarten seien. Manch einzelner dürfte aber dennoch eine böse Überraschung erleben, wenn er den endgültigen Bescheid in der Hand hält und zusätzlich zur Anhebung des Grundsteuerwertes auch noch ein höherer Hebesatz obendrauf kommt. DP