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Entnommen der gedruckten Ausgabe der HÖNNE-ZEITUNG.

von Daniel Pütz

Balve. Der allgemeine Fachkräftemangel ist ein Thema, was nicht nur in den überregionalen Medien starke Beachtung findet. Wer in letzter Zeit mal in die Verlegenheit kam Handwerker zu benötigen, kennt die Äußerung: „Wir haben keine Leute“. Die HÖNNE-ZEITUNG spricht mit verschiedenen Unternehmern, um das Thema näher zu beleuchten.
Mathias Jedowski (Foto) ist Vertreter der Geschäftsführung bei der Landmetzgerei Jedowski und unter anderem verantwortlich für Personalfragen. Er sieht in Deutschland und speziell in unserer Region nicht nur einen Fachkräftemangel, sondern das ganze Land auf einen allgemeinen Arbeitskräftemangel zusteuern. Man brauche nicht nur ausgelernte Kräfte sondern gerade in der Fleischereibranche auch Fahrer, Hilfsarbeiter oder Putzkräfte.
All die seien aktuell schwer zu bekommen. Das gleiche Problem zeichne sich auch in anderen Gewerken ab. Als Filialist arbeite man auch viel mit Ladenbauern, In­stallateuren oder Elektrikern zusammen. Überall herrsche Mangel. Man müsse sich auf lange Wartezeiten einstellen.
Doch auch bei den Ausgelernten gestalte sich die Situation kompliziert. „Ein Gesellenbrief schützt leider nicht vor Unwissenheit“. Der studierte Ingenieur des Lebensmittelmanagements erwartet bei seinen Neuzugängen keine Perfektion, beobachtet aber einen Mangel in der Ausbildungsbreite und -tiefe.
Einen Grund sieht er in den Veränderungen im Bildungssystem der letzten Jahrzehnte. Gute Noten werden inflationär vergeben, Anforderungen heruntergeschraubt. An Universitäten seien heute Vorkurse nötig, weil die Abiturienten nicht mehr die notwendigen Vorkenntnisse mitbrächten. Das sei früher anders gewesen.
Natürlich sei eine ganzheitliche Ausbildung nicht in jedem Betrieb möglich. Dieser Mangel werde aber auch durch die überbetriebliche Ausbildung nicht mehr aufgefangen. Die Handwerkskammern haben aus seiner Sicht das Problem zwar erkannt, zäumten das Pferd aber von der falschen Seite auf.
„Was nutzt eine Stellen-App, wo ich mich als Unternehmen präsentieren kann, wenn kein angehender Azubi davon weiß, dass es sie gibt?“. Generell habe die Fleischerei-Branche ein Imageproblem. Der Demographische Wandel und die Verrentung der Boomer-Jahrgänge seien Teil des Problems aber nicht der einzige Grund.
Einen weiteren Baustein sieht der 32-jährige in einer zu hohen Staatsquote. Die immer weiter wachsenden Verwaltungen entziehen dem Arbeitsmarkt Kräfte, die in der Wirtschaft gebraucht würden, zumal sich die einzelnen Stellen häufig mit sich selbst beschäftigten und dabei vergessen, dass das Geld, mit dem der öffentliche Dienst finanziert wird in der Wirtschaft verdient werde. Diese sei aber durch den Arbeitskräftemangel gelähmt und irgendwann nicht mehr in der Lage das System am Laufen zu halten.
Als Arbeitgeber sei es wichtig seinen Angestellten ein gutes Umfeld zu bieten. Individuelle Forderung und Förderung und kurze Dienstwege sind ihm hier wichtig. Außerdem brauche es eine Verbindlichkeit in beide Richtungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Alles Tugenden, in denen die Landmetzgerei als Familienunternehmen stark sei. Natürlich wären höhere Gehälter auch ein Argument für angehende Mitarbeiter. Diese seien aber im heutigen Markt bei höherem Preisdruck und gleichzeitig steigenden Ansprüchen in der Fleischerei-Branche schwer zu bieten.

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Schüler und Meister – Leon Heinrich (l.) Ralf Schneider (r.)

Ralf Schneider, KfZ- Meister und Inhaber der Shell-Tankstelle an der Hönnetalstraße sieht ein Versäumnis darin, dass in Balve die Hauptschule geschlossen wurde. Das mache es schwierig neue Kandidaten für einen Ausbildungsplatz, beispielsweise während eines Schüler-Praktikums, kennenzulernen. Der jetzige Hauptschulzweig der Realschule leiste dies nicht.
Während eines Praktikums zeige sich: „Ist das was für ihn – und ist er wer für uns.“ Außerdem habe sich das Berufsbild stark verändert. Der Schwerpunkt liege heute weniger auf der mechanischen als auf der elektronischen Diagnosetätigkeit.
Ausgebildet werde nicht nur im Betrieb sondern auch in der Berufsschule und im Rahmen überbetrieblicher Ausbildungsmaßnahmen in Form von Lehrgängen an den Berufsbildungszentren Arnsberg und in Iserlohn.
Schneider hatte in diesem Jahr erfolgreich einem ehemaligen Auszubildenden zum Gesellenbrief verholfen und würde gerne wieder ausbilden, schon allein, um auch künftig  den eigenen Personalbedarf zu decken. Leider mangele es ihm auch hier an Bewerbern.
Ina Pape-Nowak vom Autohaus Pape bescheinigt unserer Gesellschaft ein grundsätzliches Problemverhältnis zum Ausbildungsberuf. In einer Kultur, in der alle möglichst studieren wollen, sei das Handwerk für die meisten nicht mehr attraktiv, die Gehälter zu schlecht. Man könne aber in Zeiten von ohnehin schon steigenden Preisen nicht alles auf den Endkunden umlegen, um so üppigere Gehälter zu finanzieren.
Auch Pape-Nowak sieht ein Imageproblem beim Handwerk. Im Gegensatz zu Jedowski fühlt sie sich von ihrer Kammer allerdings alleingelassen. Es komme kaum Unterstützung. Im Gegenteil, sie mache häufig eher Probleme.
Allen drei Unternehmen ist sichtlich die Frustration anzumerken. Die wirtschaftlichen Zeiten sind wider Erwarten gut, trotz der großen Herausforderungen der letzten Jahre. Nachdem man Corona mit den schweren Repressalien gegenüber der Wirtschaft überstanden hatte, war die Freude zunächst groß. Jetzt akzeptieren zu müssen, dass man die eigene Kraft nicht an die Straße bekommt, weil einem die Reifen fehlen, ist für alle drei schwierig zu akzeptieren. DP
Bewerbungen nehmen alle drei Unternehmen unter den Adressen verwaltung@jedowski.de,
bewerbung@autohaus-pape.com, schneider-shell-balve@web.de an.

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Foto oben: Ina Pape-Nowak wünscht sich ein Umdenken dahingehend, dass auch das Handwerk wieder attraktiv sei.   Fotos: Daniel Pütz

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