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Balve. (R.E.) Nach genau 41 Dienstjahren bei der Bundeswehr ist Oberstleutnant Ludger Terbrüggen aus Balve Ende März in den Ruhestand versetzt worden „Für die dem deutschen Volk geleisteten treuen Dienste spreche ich ihm Dank und Anerkennung aus“. So steht es auf der Urkunde, die die Präsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr dem Hönnestädter überreichen ließ.

„Ich danke dem lieben Gott“
Damit endete eine Berufskarriere mit vielen Höhen und Tiefen, mit Herausforderungen und Belastungen, aber auch schönen und unvergesslichen Erfahrungen. Rückblickend schaut er auf seine Arbeitsleistung mit Demut und zugleich  Stolz zurück. „Ich danke dem lieben Gott, dass er mich auf all meinen Wegen behütet hat“, ließ uns Oberstleutnant Terbrüggen wissen, der in Afghanistan mehrmals um sein Leben fürchten musste.

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Bevor der Balver jedoch nach etlichen Jahren als Presse-Offizier im obersten alliierten Hauptquartier der NATO in Europa im belgischen Mons  seinen Dienst versah und dort dem Oberbefehlshaber, dem amerikanischen Vier-Sterne-General John Craddock zuarbeitete, begann er seine berufliche Laufbahn zunächst außerhalb der Bundeswehr, nämlich bei der Firma Nitsche-Farben in Balve. Hier absolvierte er eine kaufmännische Lehre. Als er anschließend seinen Wehrdienst verrichtete, ging er 1979 zur Luftwaffe. Als Soldat auf Zeit fand er sich schon bald in Holland wieder, wo ein Luftwaffenausbildungsregiment stationiert war und er in zwei Verwendungen insgesamt 6½ Jahre verbrachte.

Zunächst einige Jahre in der Unteroffiziers-Laufbahn bildete er einige Zeit Rekruten in der Grundausbildung aus, was ihm so viel Spaß bereitete, dass  ihn sein Kompanie-Chef zum Laufbahnwechsel (Offizierslaufbahn) ermutigte. Terbrüggen besuchte die Bundeswehr-Fachschule in München und machte sein Fachabitur. „Das bayerische Fachabitur Anfang der 80er Jahre hatte es in sich“, erinnert er sich sehr genau. Wieder im Westen der Republik wurde er in die Ruhrland-Kaserne nach Essen-Kupferdreh versetzt.

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Ein hartes Stück Arbeit war aber auch der Offizierslehrgang mit Einzelkämpferausbildung in Fürstenfeldbruck im Jahr 1985. „Bei 24 Grad Minus waren wir eine Woche auf Übung“, sagt Terbrüggen, der am 1. Juli 1985 als frisch beförderter Leutnant zum Lufttransportgeschwader 61 nach Landsberg am Lech versetzt wurde. Es folgte eine Verwendung als Dozent an der Truppendienstlichen Fachschule in Iserlohn, wo er junge Feldwebelanwärter ausbildete. Da wusste er noch nicht, dass der Umzug nach Iserlohn für ihn die wichtigste Versetzung war.

„Habe meine Frau auf dem Schützenfest in Balve kennengelernt“
Warum dies?, wollten wir von Terbrüggen wissen und sorgten mit dieser Frage für ein breites Grinsen in seinem Gesicht. „1989 habe ich meine Frau auf dem Schützenfest in Balve kennen gelernt. Gemeint ist seine Frau Hildegard. Die Verwendung in Iserlohn war nur von kurzer Dauer, denn eine neue Herausforderung als Kompanie-Chef in Goslar stand an und damit eine erneute Versetzung. 1994/95 folgte eine Verwendung als hauptamtlicher Jugend-Offizier im Presse-Zentrum der Luftwaffe in Köln.

Die Arbeit als Jugend-Offizier hat Terbrüggen in bester Erinnerung. „Dies war vielleicht die schönste aller Verwendungen, wenn ich an Schulen, Universitäten, bei Kirchen, Gewerkschaften und weiteren Bildungseinrichtungen Vorträge halten und Diskussionen über sicherheits- und verteidigungspolitische Themen führen konnte“. Im Jahr 1996 rückte er als Referent von Köln in die Medien-Redaktion des Verteidigungsministeriums auf die Bonner Hardthöhe auf. Dann folgte eine über dreijährige Verwendung als stellvertretender Bataillons-Kommandeur erneut in Holland, bevor er als Leiter der Presse-Abteilung der 1. Luftwaffen-Division nach Karlsruhe versetzt wurde. Dort war er zugleich Vorsitzender der Deutschen Thalassämiehilfe e.V., eines Vereins, der sich um die an dieser schweren Krankheit erkrankten Menschen auf Sardinien kümmert. Auf Sardinien unterhält die deutsche Luftwaffe seit über 50 Jahren einen Stützpunkt.

„Henry Kissinger ist ein ganz toller Mensch“
Nach einer dreijährigen Verwendung in Münster, ging es weiter ins Nato-Hauptquartier SHAPE (Supreme Headquarter Allied Power Europe) nach Belgien. Hier hatte er die einmalige Gelegenheit, Henry Kissinger etwas näher kennenlernen zu können, der im Rahem einer Vortragsveranstaltung dort eine Rede gehalten hatte. „Ein beeindruckender Mensch, mit dem ich ein Bier trinken durfte“, schwärmt Terbrüggen noch heute von der Begegnung mit dem deutsch-amerikanischen Politikwissenschaftlicher und ehemaligen Mitglied der Republikanischen Partei. Er wurde am 27. Mai 1923 in Fürth geboren und spielte zig Jahre eine große Rolle in der Außenpolitik der USA.

„Das war knapp“
Neben den zahlreichen erfreulichen Begegnungen mit Menschen aus aller Welt, gab es auch Einsätze, die ihm das Blut in den Adern gefrieren ließen. Dies war in Afghanistan der Fall. „Hier bin ich dem Tod zweimal von der Schippe gesprungen“, schilderte Oberstleutnant Terbrüggen seine Aufenthalte in Kabul. Er sei stets in Deutschland ins Flugzeug gestiegen in der Hoffnung, dass alles gut geht. Diese Hoffnung erfüllte sich für den Presse-Offizier jedoch nicht immer. Denn in einem Lager schlug eine 107 m lange Rakete, chinesischer Bauart, genau dort ein, wo er zuvor an einem Lkw gestanden hatte. „Das war knapp“, so der Balver.

Ebenso viel Glück hatte er, als er abermals in Kabul war mit Journalisten. Als er sie gerade abgeholt und das Kasernentor passiert hatte, sprengte sich ein Selbstmord-Attentäter in die Luft. „Das sind Bilder, die gehen nicht mehr aus dem Kopf. Es ist eine belastende Situation“, sagte der Mann, der in seiner beruflichen Karriere und als stellvertretender Leiter des Pressezentrums der ISAF-Truppen täglich zig Tausende Journalisten rund um den Globus informierte.

In Afghanistan war er insgesamt neun Mal, genauer gesagt 370 Tage. „Wir haben dort viel erreicht, seit 2001 sind Million Kinder zu Schule gegangen. Sie können lesen, schreiben, rechnen. Das können ihnen auch die Taliban nicht mehr nehmen. Heute haben wieder 85 Prozent der Menschen Zugang zu medizinischer Versorgung. 2001 gab es so gut wie keine medizinische Versorgung mehr. Bei aller berechtigten Skepsis, so schlecht ist die Bilanz des von der NATO maßgeblich betriebenen Aufbaus Afghanistans nicht“, so Terbrüggen, der 2013 nach Afghanistan auch für 3½ Monate in der Türkei stationiert war. Eine Tätigkeit beim Landeskommando im Saarland und eine knapp 12-jährige Verwendung als Referatsleiter in Bonn runden die Laufbahn ab. „Für meine Familie waren die Einsätze und Versetzungen natürlich immer besondere Belastungen“, so Terbrüggen, der 25 Jahre lang eine Wochenend-Ehe führte und siebenmal umgezogen ist mit der Familie. „Unser Sohn Felix kennt seinen Papa fast nur von den Wochenenden. Die insgesamt 16 Versetzungen haben Spuren in der Familie hinterlassen. Schön ist was anderes“, bilanzierte der pensionierte Oberstleutnant, der in den kommenden Monaten sein Leben neu sortieren möchte.

„Leitplanken grüßen mich“
Nachdem er in seiner Dienstzeit ca.1,2 Mio. Kilometer zurücklegte, in Zeit umgerechnet entspricht das etwa 16 Monaten seines Lebens am Lenkrad seiner Autos, würden ihn die „Leitplanken zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen duzen“. Sein Fazit fällt so aus: „Es war eine spannende und schöne Zeit mit allen Höhen und Tiefen. Meine Familie und ich mussten wegen der vielen Versetzungen, meiner über dreißig Lehrgängen und Einsätzen einiges in Kauf nehmen. Aber ich glaube, dass wir das ganz gut hingekriegt haben..

Auf zu neuen Ufern
„Jetzt geht es auf zu neuen Ufern. Familie, Gartenarbeiten und Haus stehen im Mittelpunkt“, sagte Terbrüggen, der sich sowohl in der Kirchengemeinde St. Blasius Balve als auch der Balver Heimwacht seit Jahren engagiert. „Jetzt genieße ich es, nicht mehr jeden Sonntag bzw. Freitag auf der Autobahn unterwegs sein zu müssen.“

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