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Beckum/Arnsberg. (R.E.) Derzeit wird die Bilanz des Schreckens vor dem Landgericht in Arnsberg aufgearbeitet. Die Rede ist vom 1. August 2018. An diesem Tag kam es zwischen Hövel und Beckum zu einem Unfall auf der B 229, bei dem eine Frau getötet und weitere vier Menschen lebensgefährlich verletzt worden sind. Auf der Anklagebank sitzen ein Audi- und ein Porschefahrer. Ihnen wird vorgeworfen, durch ein illegales Autorennen den folgenschweren Unfall verursacht zu haben.

Heute stand der vierte Verhandlungstag auf dem Kalender. Es war ein rabenschwarzer Tag für einen Polizeibeamten aus Arnsberg. Denn sowohl Staatsanwalt Klaus Neulken als auch die beiden Verteidiger der beiden Angeklagten gingen hart ins Gericht mit dem Ermittlungsbeamten, der sehr lange als Zeuge befragt wurde. Die Kritiker warfen ihm unter anderem vor, bei der Befragung des Unfallverursachers, einem 47-jährigen Arzt aus Hemer, wichtige Fragen nicht gestellt zu haben, und die Kamera aus dem Audi des Angeklagten nicht gesichert zu haben.

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Der Anwalt hielt dem Polizeibeamten vor, wichtiges Beweismaterial nicht aus dem Audi geholt zu haben, obwohl er vom Angeklagten auf die Kamera hingewiesen worden sei. Auch als es um den Alkoholgenuss des Unfallfahrers ging, habe er nicht die erforderliche Sorgfalt walten lassen. Es könne doch nicht sein, dass er einen Beschuldigten nicht detailliert befrage, wo und wann er am Unfalltag Alkohol zu sich genommen habe, hieß es im Gerichtssaal.

Der Arzt hatte nämlich eingeräumt, beim Mittagessen, im Auto und später nochmals einen Drink zu sich genommen zu haben. Dazu habe er eigens angehalten. Auch sei der Hemeraner nicht gefragt worden, warum er wieder Alkohol getrunken habe, nachdem er eine ganze Weile trocken gewesen sei.

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Bei den gezielten Nachfragen der Verteidiger taten sich bei dem Polizisten erhebliche Erinnerungslücken auf, die das Blut der beiden Rechtsanwälte in Wallung brachten. Erinnern konnte sich der Beamte allerdings daran, dass der Unfallfahrer aus Hemer eine Schreckschusspistole in seinem Auto hatte. Sie sei nach Rücksprache mit ihm entsorgt worden. Dies gelte auch für die Munition, so der Beamte, der auch vom Staatsanwalt angegangen wurde. Der Grund: Der Ermittler hatte den Hemeraner bei der Vernehmung nicht nach der Farbe des Porsche gefragt, der in das illegale Autorennen involviert gewesen sein soll. Aber auch, weil von Zeugen ein silberner Porsche gesehen wurde. „Das ist für mich nicht nachvollziehbar“, rügte Klaus Neulken den Ermittlungsbeamten.

Die beiden vermeintlichen Raser aus Hemer und Soest, die sich laut Anklage ein illegales Autorennen zwischen Herdringen und Beckum geliefert haben sollen, und zwar am Abend des 1. August 2018, sitzen seit Mai auf der Anklagebank der 2. Großen Strafkammer – als Schwurgericht – des Landgerichts Arnsberg.

Bei einem grauenvollen Unfall auf der B 229 (zwischen Hövel und Beckum) wurden eine Frau getötet und vier Menschen lebensgefährlich verletzt, weil der 48-jährige Arzt aus Hemer mit seinem Auto (Audi) in einen Golf geschleudert war, und zwar mit 85 km/h, wie der Staatsanwalt bereits am ersten Verhandlungstag betonte.

Mit dem Audi-Fahrer hatte am 1. August auch ein Feuerwehrkamerad aus Volkringhausen zu tun. Denn als er nach dem Unfall vor Ort war, wurde er gebeten, sich um den Mann, der in einem Feuerwehrfahrzeug saß, zu kümmern. Hoher Blutdruck und Unterzuckerung hieß es auf der B 229. Er habe die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet und sich mit dem Audi-Fahrer unterhalten. Dabei habe der eingeräumt, am Unfall beteiligt gewesen zu sein. Als Schuldigen an der Bilanz des Schreckens habe der Arzt den Fahrer des roten Porsche genannt. Der Porsche-Fahrer habe ihn geschnitten und abgedrängt. Deshalb sei es zu dem Unfall gekommen, so die Darstellung des Angeklagten, der nach dem Crash einen total ruhig Eindruck gemacht habe. So die Wahrnehmung einer Zeugin, die als gelernte Krankenschwester (Fröndenberg) mehr als zwei Stunden Erste Hilfe leistete und das Gespräch mit den Schwerverletzten suchte, so weit dies möglich war. Ein Unfallopfer habe ihr gesagt: „Diese Vollidioten, diese Vollidioten, die sind gerast. Warum gerade wir?“

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