Geschmack und Design überzeugen. Traditionsreiches Balver Bier wieder erhältlich. Foto: Laura Berken 

Balve. Wer glaubt, Bier sei bloß ein Getränk, kennt die Geschichte des Balver Lüll noch nicht. Dieses traditionsreiche Bier, das bereits im 16. Jahrhundert als „Lüll“ bekannt war und damals sogar an kurfürstliche Höfe geliefert wurde, ist heute wieder erhältlich – dank des Engagements einer kleinen Gruppe Bierliebhaber aus Balve.

Ein historisches Bier mit Kultstatus. Die erste Erwähnung des Balver Lüll stammt aus dem Jahr 1587. Damals war es kein gewöhnliches Bier, sondern ein echtes Massenprodukt: In manchen Jahren wurden über 160.000 Liter gebraut und überregional vertrieben – für eine ländliche Brauerei eine erstaunliche Menge. Historiker beschreiben das „Lüll“ als obergäriges Weißbier, das sich durch seinen besonderen Geschmack und seine Bedeutung von anderen Bieren abhob. Es war so populär, dass es in Literatur und Wörterbüchern namentlich erwähnt wurde – für die damalige Zeit beinahe ein „Markenbier“. 

Im Jahr 2019 machten sich Adalbert Allhoff-Cramer, Volker Griese, Cordula Nemetz, Julius Rau und René Vormweg auf die spannende Suche nach dem verlorenen Geschmack vom Balver Lüll. Was als neugierige Idee begann, wurde schnell zu einer Leidenschaft: „Es war, als hätte man ein köstliches Gericht probiert, das man zu Hause nachkochen möchte – nur ohne Rezept“, beschreibt Volker Griese den Beginn des Projekts.

Eine echte Herausforderung. Es gab keine exakten Rezeptüberlieferungen. Geschmack, Zutaten und Braumethoden mussten mühsam aus historischen Quellen rekonstruiert werden. Unterstützung kam vom ehemaligen Braumeister Gerd Ruhmann, heute Museumsführer im Dortmunder Brauereimuseum. Sein Wissen über alte Malz- und Hopfensorten, traditionelle Gärprozesse und damalige Braumethoden war von unschätzbarem Wert.

Ein Puzzle aus Geschichte und Geschmack. In intensiver Forschungsarbeit und mit viel Ausprobieren entstand schließlich das neue Balver Lüll – ein naturtrübes, unfiltriertes Kellerbier, das an die historischen Ursprünge anknüpft. Es hat einen würzigen, aromatischen Geschmack mit Noten von Apfel und Zitrus, einer malzigen, nussigen und karamelligen Basis. Der IBU-Wert von 34 macht es leicht herb. Der Hopfen stammt aus einer alten Landsorte, das Malz besteht überwiegend aus Gerste und etwas Weizen.

„Wir wollten kein modernes Industrieprodukt schaffen, sondern ein Bier, das an die Ursprünge erinnert“, sagt Alhoff-Kramer. Genau das ist gelungen. Das Balver Lüll ist ein Bier mit Geschichte, Charakter und Seele.

Mit der offiziellen Markenanmeldung im Jahr 2021 sind Name und Rezeptur wieder fest in Balver Hand. Das Bier wird heute in kleiner Auflage hergestellt und in Flaschen sowie vom Fass verkauft – naturbelassen, ungefiltert und nicht pasteurisiert.

Wer das Balver Lüll probieren möchte, findet Informationen zu Verkaufsstellen und Gaststätten auf der Website www.balver-luell.de. Beim Happy Einkaufstag, am 18. Juli in Balve, wird es ebenfalls angeboten. LB