entnommen der gedruckten Ausgabe der Hönne-Zeitung –
Beckum. Seit fünf Wochen finden im Beckumer Steinbruch wieder die jährlichen Ausgrabungen statt. Seit 2002 werden hier regelmäßig wissenschaftliche Forschungen und Ausgrabungen von Fossilien und Versteinerungen angestellt. Seit einigen Jahren befasst sich der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), das Museum für Naturkunde, regelmäßig mit diesem Friedhof der Saurier.
Jedes Jahr kommen verschiedene Studenten und Wissenschaftler dort zusammen, um drei Monate lang Funde zu machen und den Steinbruch auf unterschiedlichste Fossilien von Fischen und Säugetieren, aus der Kreidezeit, von vor 125 Millionen Jahren, zu untersuchen, erklärt eine Studentin aus Münster.
Dabei unterteilen sich die Forschenden in drei Gruppen aus etwa zehn Leuten, welche jeweils einen Monat lang, jeden Tag, mehrere Stunden, dort arbeiten und mühsam suchen.
Seinen Anfang fand die ganze Aktion vor einigen Jahren, als der Vorgänger des derzeitigen Paläontologen des LWL, eine Meldung über Fossilien im Beckumer Steinbruch bekam. Der Fund wurde anschließend genauer untersucht und es handelte sich tatsächlich um Dinosaurierknochen.
Da das Naturkundemuseum eine Denkmalpflege in Westfalen-Lippe hat, fiel die Untersuchung dieses alten Riffgebietes in ihren Aufgabenbereich.
Leider können fast nur lädierte Funde gemacht werden, da die Tiere vor sehr vielen Jahrtausenden in riesigen Schlammlawinen in diesem Gebiet mitgerissen wurden. Daher kann man auch nicht mehr damit rechnen, dass man ganze Skelette findet, sondern es wird nach Bruchstücken gesucht. Also ist die Arbeit mit Fossilien „ein ziemliches Puzzle“ – so Jerome Gores, Leiter der Gruppe.
Dennoch ist es ein Glück, dass die Knochen nicht zerdrückt sind und somit interessante Funde von beispielsweise Dinosauriern, Krokodilen, Schildkröten oder Salamandern gemacht werden können.
Zu den größten und besonderen Ausgrabungen in Beckum zählen zum einen verschiedenste Arten von Säugetieren. Dieses Mal konnten bisher sechs verschiedene Arten, anhand ihrer Backenzähne, ermittelt werden. Zudem konnte auch eine neue Salamander Art, anhand ihres Atlaswirbels, beschrieben werden.
Jerome Gores erklärt über die Ausgrabungen: „Es ist im Grunde ein großes Puzzle, um herauszufinden, wie die Lebenswelt war.“
Eine genaue Auskunft über die Anzahl der gefundenen Arten gibt es dementsprechend nicht, da zum Teil so viele, kleine Bruchstücke gefunden werden, dass man die Artebene nicht bestimmen kann.
Das Gebiet, in dem gesucht wird, besteht größtenteils aus Ton. Wenn das Material also mit Tonschlaufen klein geschabt und abgebaut wurde, wird es zum Trocknen auf Planen gelegt, danach zum auflösen in Wasser gegeben und anschließend in verschieden großen Sieben mit Wasser durchgespült, durchgesiebt und auf Funde untersucht. Im letzten Jahr wurden hierbei 24 Tonnen „durchgeschlemmt“.
Dafür ist selbstverständlich eine sehr große Menge an Wasser erforderlich. Bei Regen ist das kein Problem, wenn es allerdings zu trocken ist und kaum noch Wasser zur Verfügung steht, kommt die Feuerwehr aus Hemer mal zum Einsatz und stellt der Gruppe bis zu 3000 Liter Wasser zur Verfügung.
Anschließend wird die Masse wieder getrocknet und in Münster, im Museum, von Studenten erneut, per Hand, untersucht und unter einem Mikroskop von Wissenschaftlern ausgelesen.
Danach werden die Funde gereinigt und, je nach Bedarf, gehärtet, präpariert oder zusammengeklebt. „Der Prozess ist also echt langwierig. […] Es ist schon eine ziemliche Fleißarbeit“, so Jerome Gores weiter.
Einige Fossilien des Beckumer Steinbruches wurden in verschiedenen europäischen Ländern untersucht, da die einzelnen Wissenschaftler der jeweiligen Länder, auf bestimme Tierarten, die ausgegraben wurden, spezialisiert sind. Ein Wissenschaftler in der Schweiz befasst sich beispielsweise mit Funden von Schildkröten und in Polen werden verschiedene gefundene Zähne untersucht.
Anschauen kann man sich die Funde, nach den langen Forschungen, im Naturkundemuseum in Münster.
Dadurch, dass über den Steinbruch noch nicht viel bekannt ist, wird das Interesse der Wissenschaftler und Forschenden selbstverständlich noch mehr geweckt. Dies denkt auch der Gruppenleiter: „Wir wissen relativ wenig hier drüber, was das Ganze natürlich umso spannender macht.“
Es ist unbekannt, wie tief die Grabungsstelle tatsächlich ist. Seit einer geophysikalischen Untersuch vor einigen Jahren wird vermutet, dass die Tonschicht noch etwa sieben Meter tiefer geht. Ob sich dort aber Fossilien befinden, ist noch unbekannt.
Abschließend äußert Jerome Gores sich: „Es wird sich zeigen. Auf jeden Fall haben wir die nächsten Jahrzehnte noch gut zu tun. Es ist viel Arbeit, aber es lohnt sich.“ AM
Titelfoto: Studenten und wissenschaftliche Arbeiter bei der Ausschabung von Ton.Foto: A. Mösta