Balve/Sundern/Hemer. (R.E./F.A.) Im sogenannten Raserprozess vor dem Landgericht Arnsberg gab es endlich am 20. Januar 2020 ein Urteil. Die beiden Autofahrer wurden wegen Teilnahme an einem illegalen Autorennen wie folgt verurteilt: Drei Jahre und neun Monate Haft für den alkoholisierten Audi-Fahrer aus Hemer und neun Monate Freiheitsentzug auf Bewährung für den Porsche-Fahrer aus Soest. Schon an diesem Tag ging ein Raunen durch den Saal, als der Richter am Landgericht Arnsberg das Urteil der 2. Schwurgerichtskammer verkündete. Denn vor allem die Angehörigen der beim Unfall getöteten Frau und der vier Schwerverletzten aus Sundern waren mit dem nach ihrer Meinung zu mildem Schuldspruch nicht einverstanden. Jetzt soll der Bundesgerichtshof in Karlsruhe das Urteil der 2. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Arnsberg überprüfen.
Am 20. Prozesstag von ursprünglich geplanten acht Verhandlungstagen hatten die Anwälte der Verteidigung ihre Schlussreden gehalten. In den Plädoyers spiegelten sich die jeweiligen Verteidigungslinien der letzten Wochen und Monate wider. Die Schwurgerichtskammer am Arnsberger Landgericht sah dennoch bei beiden Autofahrern die Teilnahme an einem illegalen Autorennen als erwiesen an.
Für den 43-jährigen alkoholisierten Audi-Fahrer gab es drei Jahre und neun Monate Haft, der 59-jährige Porsche-Fahrer erhielt eine neunmonatige Haftstrafe auf Bewährung. Zudem soll er eine Geldauflage in Höhe von 5.000 Euro an eine Einrichtung der Straßenverkehrserziehung zahlen. Der Audi-Fahrer soll ferner drei Jahre kein Auto mehr fahren, der Besitzer des Porsche drei Monate lang nicht.
Die beiden Verteidiger der Verurteilten kündigten bereits im Januar 2020 an, dass sie eine Überprüfung des Urteils durch den Bundesgerichtshof in Karlsruhe anstreben. Da auch die Staatsanwaltschaft Arnsberg sowie die Nebenkläger unzufrieden waren mit dem Urteil der 2. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Arnsberg legten auch sie Rechtsmittel gegen das Urteil ein. Wann sich der zuständige Senat des BGH mit dem Raserprozess befasst, ist völlig offen.
RÜCKBLICK
Hohe Haftstrafen für die an dem Unfall am 1. August 2018 beteiligten Autofahrer hatte am 19. Prozesstag die Staatsanwaltschaft gefordert. Den Tatvorwurf der Anklage sah sie in allen Punkten als bestätigt an. Demnach soll der Porsche-Fahrer John P. wegen Fahrerflucht und Beteiligung an einem illegalen Rennen für insgesamt 1 Jahr und 9 Monate ins Gefängnis. Dazu soll noch eine Geldstraße von insgesamt 12.000 Euro sowie der Entzug der Fahrerlaubnis für einen Zeitraum von fünf Jahren verhängt werden. Beklagt wurde von der Staatsanwaltschaft die – so wörtlich – brutale, rücksichtslose und halsbrecherische Art, mit der auf der Straße am Unfalltag gefahren worden sei. Dies sei als strafverschärfend zu werten.
Staatsanwalt Klaus Neulken ging auch mit dem eigentlichen Unfallverursacher auf der Bundesstraße 229 von Hövel nach Beckum hart ins Gericht. Wiederholt sei der angeklagte Audi-Fahrer wegen Fahrens unter Alkohol bestraft worden. Zusammen mit einem Alkoholwert von über einem Promille und der Beteiligung an einem illegalen Autorennen wurden seitens der Staatsanwaltschaft 4 Jahre und 9 Monate Haft, ebenfalls ohne Bewährung gefordert. Auch der Audi-Fahrer soll für fünf Jahre kein Auto mehr fahren dürfen.
In seinem fast einstündigen Plädoyer erklärte Staatsanwalt Klaus Neulken, dass er den beklagten Porsche-Fahrer durch Zeugenaussagen der Beteiligung an dem Rennen auf der Strecke überführt sieht. So sei der Angeklagte an dem Tag direkt von einem Sicherheitstraining auf dem Sachsenring gekommen, zudem habe er nach weiteren Zeugenaussagen zu einem „viel zu schnellen Fahren“ geneigt. Zeugenaussagen hätten glaubhaft gemacht, dass der Porsche-Fahrer einen „erkennbar aggressiven Fahrstil“ gezeigt habe. Dass der Porsche-Fahrer das Unfallgeschehen bemerkt haben muss, sieht der Staatsanwalt als erwiesen an, trotz des Unfalls habe er sich als Beteiligter aus der Verantwortung gezogen.