Der Ton wird zum Säubern der Funde aufgeweicht.  Fotos: Aleksandra Mösta

Beckum. Seit einigen Wochen schreitet im Beckumer Steinbruch die jährliche „Jagd“ nach Fossilien und Versteinerungen voran. Mitte Juni bezogen wieder zahlreiche Studentinnen und Studenten und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für drei Monate die paläontologische Fundstätte, um Forschungen anzustellen. Die Untersuchung dieses alten Riffgebietes fällt seit 2002 in den Aufgabenbereich des LWL-Museums für Naturkunde. Seitdem der Vorgänger des derzeitigen Paläontologen des LWL-Museums eine Nachricht über Fossilien im Beckumer Steinbruch bekam, wobei es sich letztendlich um Knochen eines Dinosauriers handelte, war schnell klar, wer die Verantwortung für den Dinosaurier-Friedhof übernehmen wird, da das LWL für die Denkmalpflege in Westfalen-Lippe zuständig ist. Dieses staatliche Amt befasst sich sehr genau und gerne mit den Fossilien. Die Funde der vergangenen Jahre erzählen Geschichten von Säugetieren und Fischen, die bis in die Kreidezeit vor 125 Millionen Jahre zurückführen.

Gruppenleiter Jerome mit einem ausgegrabenen Zahn eines Iguanodon.

Der Gruppenleiter der Ausgrabungen in Beckum, Jerome Gores, bezeichnet diese Grabungen und Funde als „ein großes Puzzle“ mithilfe dessen man sich zusammen basteln kann, wie die Lebenswelt damals aussah und welche Wesen die Erde bevölkerten.
Da diese Arbeit jede Menge Konzentration, Fleiß und Ehrgeiz benötigt, kann dies selbstverständlich nicht alleine gemeistert werden. Aus diesem Grund wird die Forschung in Gruppen unterteilt. Es gibt drei Gruppen, welche aus etwa 10 Forschern, Wissenschaftlern und Studenten bestehen. Diese suchen jeweils einen Monat lang, Tag für Tag, mehrere Stunden nach Fossilien aller Art.
Dabei hatten sie auch schon jede Menge Erfolg, weshalb nicht nur in Deutschland Funde aus dem Balver Dorf untersucht werden. Auch Spezialisten aus Polen befassten sich mit gefundenen Zähnen, während in der Schweiz verschiedenste Schildkröten untersucht wurden.

Einige Fragmente eines Raubsaurieres. Der Laie kann damit wenig anfangen, für die Forscher ein unschätzbarer Wert.

Auch in diesem Jahr kann sich die bisherige Ausbeute sehen lassen. Innerhalb der ersten drei Wochen wurden bereits über 200 Funde gemacht. Darunter war beispielsweise ein Stück Kiefer, vermutlich das eines Ruanodon, sowie Teile verschiedener Schildkrötenarten.
Ein weiterer der gefundenen Knochen war sogar so groß, dass mühsam und vorsichtig bis in die Nacht gegraben wurde, um diesen Schatz nicht zu beschädigen und ihn vor dem Wochenende möglichst im Ganzen auszugraben.
Aber wie macht man eigentlich solche Funde und was passiert mit den ausgegrabenen Fossilien?
Die Gebiete in denen gesucht , bestehen zum größten Teil aus Ton, sodass das Material im Boden mit Tonschlaufen abgeschabt werden kann. Sollten in dem abgebauten Material Anzeichen auf Fossilien vorhanden sein, so wird dieses zum Trocknen auf überdachte Planen gelegt. Wenn der Ton getrocknet ist, kann man ihn in Wasser auflösen und anschließend, in unterschiedlich großen Sieben, durchspülen und auf Funde untersuchen.

Die Studentinnen säubern und untersuchen vor Ort die Funde der vergangenen Tage

In den vergangenen Jahren wurde die Masse wieder getrocknet und nach Münster ins Museum geschickt, wo die Studenten und Wissenschaftler die Funde nochmals untersuchten, unter einem Mikroskop auslasen und je nach Bedarf härteten, präparierten oder zusammenklebten.
Doch in diesem Jahr können die interessierten Forschenden ihre Funde direkt vor Ort schon ein wenig säubern und so gut wie möglich, per Hand, untersuchen, bevor sie zur genaueren Analyse ins Museum wandern. Sind die langwierigen Forschungen abgeschlossen, so sind diese im LWL-Naturkundemuseum in Münster vorzufinden.
Und auch sensationelle Funde gab es bisher aus dem Steinbruch zu melden. So konnte der „Bructerodon alatus“ und „Cheruscodon balvensis“ – der im Namen Balve trägt, neu entdeckt werden. Die beiden Tierchen gehören den Angaben der Forscher zufolge zur Gruppe der sogenannten Multituberculata, die zu den Nagetieren des Erdmittelalters gehören.
Nun heißt es also erstmal abwarten und gespannt sein, was in diesem Jahr, aber auch in der Zukunft noch ausgegraben und gefunden wird. Der Dinosaurier-Friedhof in Beckum scheint unerschöpflich zu sein. AM