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entnommen der gedruckten Ausgabe der Hönne-Zeitung –

Mellen/Neuenrade. Er kann getrost als Fahrlehrer der Balve Nation bezeichnet werden. Sehr viele Balver und aus der ganzen Region haben ihre ersten Fahrversuche in der Fahrschule von Hubertus „Hotte“ Schäfer gemacht. Nun geht der Mellener Fahrlehrer nach einer langen Laufbahn in den wohlverdienten Ruhestand und hat so einiges über seine Erfahrungen mit Schülern und auch dem Wandel im Straßenverkehr zu erzählen.
„Alles fing bei mir 1985 an. Damals suchte der Betreiber der Fahrschule Herden, Gerd „Opa“ Herden, einen Nachfolger. Von seinen beiden Töchtern wollte keine die Fahrschule übernehmen und da ich mit seiner jüngsten Tochter Sabine zusammen war, hat Gerd mich gefragt, ob ich nicht Lust dazu hätte, die Fahrschule zu übernehmen“, erinnert sich Schäfer.
„Und da ich ja schon immer Spaß an Autos und Autofahren hatte, hab ich mir das erst einmal gut überlegt und dann das Angebot angenommen. 1986 habe ich zuerst meinen Lkw-Führerschein gemacht und bin dann 1987 zur Fahrlehrerausbildung nach Bielefeld gegangen“.

„Hotte“ Schäfer mit seinen Maschinen. Foto: Sven Paul

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Am 1. Dezember 1987 erlangte Schäfer dann die Berechtigung, als Fahrlehrer in Zukunft auf den Straßen des Sauerlandes Menschen das Fahren zu erlernen.
„Gerd hat mich dann direkt in seiner Fahrschule angestellt. Im Januar 1993 hab ich dann meinem Schwiegervater die Fahrschule mit allen Fahrzeugen abgekauft“. Noch ein paar Jahre fuhr der ehemalige Besitzer der Fahrschule als Helfer in der Not bei Hotte Schäfer, bis auch er dann in seinen endgültigen Ruhestand ging.
„Nachdem Gerd dann in Rente ging, hab ich ziemlich schnell einen neuen Fahrlehrer für meine Fahrschule gefunden. Ganze 16 Jahre fuhr dann Andreas Allefeld bei mir. Das war ein absoluter Top-Fahrlehrer, von dem man viel lernen konnte. Leider musste ich ihn ziehen lassen, als wir weniger Fahrschüler bei uns hatten und ich ihn nicht mehr halten konnte. Heute arbeitet er wieder bei der Firma Bettermann, wo er auch vor seiner Fahrlehrerkarriere schon tätig war“.
Jahrelang fuhr nun Schäfer alleine mit seinen Schülern durch die Landschaft. „Das war schon viel Arbeit. Ich war teils den ganzen Tag im Auto oder beim Unterrichten. Freizeit hatte ich da nicht mehr sehr viel“.
Tausende Fahranwärter hat Schäfer in seiner Laufbahn auf ihrem Weg zur Fahrerlaubnis begleitet. „Ich hab das einmal grob überschlagen. Ich schätze das ich in den 36 Jahren bis zu 5000 Fahrschüler hatte. Das ist schon einiges. Da habe ich natürlich auch einige lustige, aber auch einige Schreckmomente erlebt. Ich hatte einmal einen Fahrschüler, der meinte, einfach bei einer Überlandfahrt auf der Kuschert den Lenker nach rechts reißen zu müssen. Hätte ich da nicht ganz schnell eingegriffen, hätte dieses sehr böse ausgehen können.
Es gab immer wieder kritische Situationen. Besonders in den ersten Fahrstunden muss man sehr vorsichtig sein. Da passieren die meisten Fehler. Auch einige Unfälle hatten wir schon. Es kam oft vor, dass uns zum Beispiel an einer Ampel jemand drauf gefahren ist. Mir stößt es oft auf Unverständnis, dass wenn andere Verkehrsteilnehmer sehen, dass dort eine Fahrschule unterwegs ist, nicht auf mehr Abstand geachtet wird. Man sollte doch eigentlich wissen, dass bei einer Fahrschule die Schüler immer anders fahren als erfahrene Verkehrsteilnehmer. Haltet einfach mehr Abstand zu Fahrschulautos. Fahrschüler bremsen anders und auch beim Anfahren kommt es vor, dass sie das Auto abwürgen. Ich habe vor kurzem noch einen Bericht gelesen, dass derjenige, der auf ein Fahrschulauto auffährt, vom Gericht immer die Schuld zugewiesen bekommt, weil er damit rechnen muss, dass etwas passieren kann. Wir haben nicht umsonst unsere Fahrzeuge mit Schildern als Lernfahrzeuge ausgeschildert“.
Aber auch kuriose Fahrschüler hat Schäfer schon erlebt. „Die Krönung war dieses Jahr ein Fahrschüler, der ganze 138 Fahrstunde brauchte, um seinen Führerschein zu bekommen. Man merkt immer mehr, dass heutzutage mehr Fahrstunden von den Anfängern benötigt werden. 90 bis 100 Fahrstunden sind heute keine Seltenheit mehr. Noch vor ein paar Jahren sind die meisten mit knapp 20 Schulstunden ausgekommen“.
Woran das liegt, dass heutzutage Fahranfänger immer länger brauchen, kann sich Schäfer auch erklären. „Das liegt oft am Umgang mit dem Handy oder viel am Rechner sitzen. Die Leute können nicht mehr richtig vorausschauen. Durch den Umgang mit diesen elektronischen Geräten verändern sich die Augen. Nah können die meisten gut schauen, aber mit Entfernungen haben viele dadurch Probleme bekommen. Die erkennen zum Teil keine Verkehrsschilder in 100 Meter Entfernung. Das ist sogar wissenschaftlich erwiesen.
Aber auch wenn die Jugendlichen als Mitfahrer bei uns im Auto sitzen, konzentrieren sie sich lieber auf ihr Handy als um das ganze Geschehen, was hier passiert. Kaum einer von ihnen achtet auf den Verkehr und lernt durch Zuschauen. Die steigen ins Auto ein und sind fast immer direkt am Handy dran. Dadurch kriegen sie diese Sachen, die man früher mitbekommen hat, gar nicht mehr mit. Dabei lernt man beim Zuschauen mit am meisten“.
Aber auch viele Eltern sind ein Grund, dass Fahranwärter immer länger brauchen. „Man ist ja früher oft zum Üben auf einen Verkehrsübungsplatz gefahren. Heutzutage haben viele Eltern Angst, ihre teuren Autos dort zu beschädigen. Und bevor die dort ihr Auto beschädigen, denken die sich, dass ihre Kinder lieber ein paar Fahrstunden mehr machen sollen, bevor dort ihr Auto einen Kratzer bekommt“.
Aber auch eine wichtige Erfahrung in all den Jahren hat Schäfer gemacht, um nun endlich dem Gerücht entgegenzuwirken, Frauen könnten nicht Autofahren und nicht Einparken.
„Das ist ein absolut blödes Gerücht. Frauen fahren genauso gut oder schlecht wie Männer. Es gibt da überhaupt keinen Unterschied. Entweder man kann Fahren oder auch nicht. Das Geschlecht spielt hier absolut keine Rolle.“
Nun geht es nach 36 Jahren für den 65-jährigen Mellener in Rente. „Ich hab vielen Menschen das Fahren beigebracht und genug in meinem Leben gearbeitet. Jetzt nutze ich meine Zeit für andere Dinge. Mir geht es körperlich sehr gut und ich möchte jetzt meine Zeit genießen. Aber vielleicht komme ich ja irgendwann noch einmal zurück, falls mir hier alles zu langweilig wird“, scherzt Schäfer.
Noch darf er ja als Fahrlehrer wieder tätig werden. „ Meine Lizenz hab ich noch für zwei Jahre, bevor ich diese erneuern müsste. Man sagt niemals nie. Wichtig ist, dass man immer gesund bleibt. Mein Plan ist eh, dass ich 120 Jahre alte werde. Da hab ich jetzt gerade erst einmal ein bisschen mehr als die Hälfte durch“.
svep

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