Balve/Neuenrade. (R.E./e.B.) Mit Sorge haben die Eisenbahnfreunde Hönnetal e.V. in den letzten Wochen auf die Entwicklung der Hönnetalbahn geschaut. Seit Anfang März fährt da nämlich nichts mehr. „Die Corona-Krise hätte für leere Züge gesorgt. Daher hat die Bahn auf Busse gesetzt – und nebenbei konnten die sonst hier eingesetzten Lokführer ihre Überstunden abbauen oder anderswo fahren“, vermuten die Eisenbahnfreunde. Eine fatale Entwicklung finden sie, denn sie erinnere an den Grund, warum sich der Verein am 29. April 1985 in Balve – also vor 35 Jahren – konstituiert habe. „Damals“, so Vereinsmitgründer Burkhard Wendel, „war nicht die Frage, ob die Hönnetalbahn stillgelegt wird, sondern nur wann.“

Die Bahnwelt war damals freilich noch eine ganz andere. Die Hönnetalbahn ähnelte fast einer Museumsbahn. Die eingesetzten Züge stammten aus den frühen 60er Jahren, die Infrastruktur entsprach teilweise noch dem Kaiserreich. Man fuhr auf Verschleiß, da man mit der baldigen Einstellung rechnete. Das wollten aber einige Bürger des Hönnetals – vor allem aus Balve – so nicht zulassen. Man traf sich und gründete einen Verein, der zunächst wie eine Bürgerinitiative agierte.

„Wir schrieben Briefe an die zuständige Bundesbahndirektion in Essen und an Politiker bei Kreis, Land und Bund. Darin forderten wir Verbesserungen und den Erhalt der Bahn. Man hat das gelesen und uns eher freundlich belächelt.“, erinnert sich Burkhard Wendel. Das sollte sich schnell ändern. Mit dem neuen 1. Vorsitzenden Klaus Krekeler aus Menden wehte ein neuer Wind im Verein und dann kam noch der glückliche Umstand, dass die Hönnetalbahn am 1. April 1987 ihr 75-jähriges Bestehen feiern konnte.

Das nutzten die Eisenbahnfreunde für eine Werbeoffensive, wie sie wohl kaum ein Verein bisher für eine Eisenbahnstrecke gestartet hat. Burkhard Wendel veröffentlichte eine Chronik der Hönnetalbahn. Es wurde am Jubiläumstag ein Gesellschaftswagen an einen planmäßigen Zug gehängt und mit offiziellen Vertretern der Bahn und der Politik gefeiert. Und im September kam noch ein zweitägiges Bahnhofsfest in Menden dazu.

Die Resonanz in der Bevölkerung war so groß, dass auch bei der Bundesbahn ein Umdenken einsetzte. Wendel: „Das da im Hönnetal waren ja gar keine Spinner, da waren wirklich Menschen, mit denen man reden und die etwas erreichen wollten“. Schon im Mai 1988 erlebte die Hönnetalbahn eine grundlegende Verbesserung des Fahrplans – den Taktverkehr. Wo vorher die Züge nach Plänen aus den 30er Jahren fuhren, galt jetzt, dass nahezu jede Stunde ein Zug pro Richtung fuhr. Und es ging weiter: Ab 1993 galt der Stundentakt, ab 1994 kamen moderne Fahrzeuge.

Jede Änderung wurde begleitet von den Eisenbahnfreunden Hönnetal e.V., die sich unter ihrem neuen Vorsitzenden Johannes Schmoll immer neue Aktivitäten ausdachten: Sonderzüge, Wanderungen und die schon legendären Fahrten des Weihnachtsmanns am Morgen des Heiligen Abends. Zwischenzeitlich residierte der Verein in einer ehemaligen Werkstatt auf dem Mendener Bahnhofsgelände und baute von dort sein Vereinsleben auf.

Ab 1996 erhielten die Eisenbahnfreunde einen neuen Verbündeten: Den Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Ruhr-Lippe (ZRL), der fortan für die Bestellung von Zügen auf der Hönnetalbahn zuständig war. Zusammen schaffte man die Zugpausen an Wochenenden ab und feierte 1998 die Wiedereinführung des Zugverkehrs an Sonntagen zwischen Menden und Neuenrade. Der enge Kontakt zum ZRL bzw. heute NWL besteht bis heute und wenn es natürlich auch einmal kritische Worte geben muss, weiß man, was man aneinander hat. Viele Bahnhofs- und Streckenfeste – besonders das zum 100-jährigen Jubiläum der Hönnetalbahn 2012 – wären ohne diese Partnerschaft nicht denkbar gewesen.

Viele fahrplantechnische Verbesserungen konnte man im gemeinsamen Gespräch erreichen. Das zeigte sich auch in der aktuellen Diskussion und auch im Ärger um die neuen Fahrzeuge vom Typ PESA. Daneben haben sich die Eisenbahnfreunde Hönnetal e.V. vor Ort längst zu einer Institution im Hönnetal entwickelt. Seit 2000 hat der Verein Räumlichkeiten im ehemaligen Bahnhofsgebäude von Binolen gemietet und hat das Gebäude und das Umfeld schrittweise zu einem kleinen Museum umgestaltet. Seine Modellbahnanlage ist deutschlandweit, ja international ein Begriff. Sie zeigt, wie die Hönnetalbahn in den 50er Jahren ausgesehen hat.

Rund 500 Mitglieder zählen die Eisenbahnfreunde Hönnetal e.V. konstant und haben einige Pläne für die Zukunft. Das große Ziel ist die weitere Verbesserung der Fahrpläne, insbesondere morgens und abends. Außerdem möchte man das Gelände in Binolen weiter ausbauen und verschönern. Markus Hüsken, seit 2018 Vorsitzender der EFH, blickt auch entsprechend optimistisch in die Zukunft. „Die Hönnetalbahn soll auf Erfolgskurs bleiben – dazu möchten wir beitragen“, so formuliert er die Pläne für die nächsten Jahre.