Balve. (R.E.) Während der Corona-Pandemie läuten unter anderem die Glocken der Katholischen und Evangelischen Kirchengemeinde in Balve. Jeden Abend um 19.30 Uhr sind sie zu hören. Kritik daran gibt es allem Anschein nach nicht. Anders sieht es beim Gebetsaufruf der Türkisch-Islamischen Gemeinde Balve aus. Ihr Aufruf zum Gebet, der nicht einmal drei Minuten an der Hönnetalstraße und im Umfeld zu hören ist, löste Proteste bei Hönnestädtern aus. Die gehen so weit, dass dem Vorsitzenden des Balver Fachhandels, Daniel Pütz, mehrere Videos geschickt wurden, und zwar mit dem Hinweis auf die fortschreitende Islamierung in der Republik.
„Es gibt einige Balver, die sich über das öffentliche Gebet der Gemeinde echauffieren. Es wird quasi unterstellt, dass die schleichende Islamisierung in Deutschland voranschreitet“, ließ der Vorsitzende der Werbegemeinschaft die Hönne-Zeitung wissen. Zuvor hatte er sich mit einem türkischen Kollegen unterhalten, der ihm erzählte, dass es eine Sondergenehmigung für das öffentliche Gebet gebe, da momentan niemand dem Freitagsgebet beiwohnen darf. Und genauso ist es. Die Türkisch-Islamische Gemeinde Balve nahm – nachdem öffentlich geworden war, dass die Kirchen im Rahmen der Corona-Pandemie ihre Glocken erklingen lassen und damit auch zum Gebet aufrufen – Kontakt mit der Stadtverwaltung Balve auf. „Kurze Zeit später hat uns der Allgemeine Vertreter des Bürgermeisters, Michael Bathe, Grünes Licht für unseren einmaligen Gebetsaufruf an jedem Tag gegeben. Denn ebenso wie bei allen anderen Glaubensgemeinschaften ist auch bei uns das gemeinsame Gebet verboten“, so der Vorsitzende der Türkisch-Islamischen Gemeinde, Özkan Güler (BILD), der enttäuscht darüber ist, dass es zu Protesten gekommen ist.
„Die Krankheit kennt keine Unterschiede in der Religion, deshalb rufen wir auch durch unseren Imam per Videorekorder zum Gebet auf, damit jeder zu Hause betet. Nur gemeinsam können wir gegen das Corona-Virus vorgehen. Es sind schwere Tage, deshalb müssen wir uns alle an die Regeln halten, die uns die Behörden vorgeben“, sagt Özkan Güler, der sofort auf den Protest reagierte.
Da der Gebetsaufruf bisher auch am später Abend erfolgte, veranlasste er, dass er ab sofort zwischen 17 und 18 Uhr zu hören ist. Die Hönne-Zeitung befragte zwei direkte Nachbarn der Türkisch-Islamischen Gemeinde Balve und wollte von ihnen wissen, ob sie sich durch den Gebetsaufruf gestört fühlen. Die klare Antwort von Odo Willmes und Frank Aßmann: „Nein.“ Auch Davide Piccolo von der gleichnamigen Pizzeria hat nichts gegen den Aufruf zum Gebet einzuwenden. „Ich finde ihn gut, denn er ist auch gut für den Frieden“, so sein Kommentar.
Bei den Protestlern dürfte es sich um eine Gruppierung handeln, die sich – in der bekannten und üblichen Überheblichkeit – als die „Kirche“ausgibt und es Protestanten bis in die 80iger schwer machte, in Balve gleichberechtigt zu leben. Fragen Sie Ihre Bekannten und Freunde. Sie werden überrascht sein, wie Menschen (nicht nur in Balve) wegen ihrer Religion ausgegrenzt wurden. Buiterling zu sein war schlimm. Aber Buiterlinge, die Protestanten waren, durften sich nicht als Heiratskandidaten vorstellen. Ist es ein Zufall, dass die Hexenprozesse ausgerechnet in Balve Hochkonjunktur hatten? Erschreckend, wie viel von dieser Denkart übriggeblieben ist. Entgegen der (ausschließlich Balver Lehrmeinung einiger Möchtegernhistoriker) kommen Exzesse aus dem Volk.
Was mich interessieren würde:
1) In welcher Sprache wurde der Gebetsaufruf abgespielt?
2) Spricht und versteht der Imam deutsch?
3) Kommt der Imam aus Balve/Deutschland?
4) Wurde er in Deutschland ausgebildet?
Falls keine der obigen Fragen mit „deutsch“ beantwortet werden kann, hätte ich trotz meines obigen Eingangsstatements Fragen an unser Rathaus.