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Langenholthausen/Balve. (R.E.) Er ist ein Optimist, ein Visionär und ein Mann, der sich bei vielen Entscheidungen, vor allem wenn es um die Goldbäckerei und deren Zukunft geht, nicht auf Experten, sondern sein Bauchgefühl verlässt. Der „Bauchmensch“, einer der erfolgreichsten Unternehmer in der Hönnestadt Balve und darüber hinaus, wird am kommenden Donnerstag, 27. Juni, 60 Jahre. Obwohl der Macher derzeit stark unter Strom steht, gilt es doch die Erweiterung der Backstube, die im Januar 2020 erledigt sein soll, ebenso im Blick zu behalten wie das Tagesgeschäft und die Geburtstagsfeier am Samstag in der Schützenhalle Langenholthausen vorzubereiten, gab er unserer Zeitung ein Interview. Darin ging es um Familie, Unternehmen und Sport. Heute der erste Teil des Gesprächs, das wir bei strahlendem Sonnenschein mit „Charly“, wie er im Volksmund heißt, geführt haben.

HZ: Welchen Stellenwert besitzt Ihre Familie?
Charly Grote: Auch wenn es von Außen betrachtet oftmals anders aussieht, sie besitzt absolute Priorität. Dennoch muss ist einräumen, dass die Priorität leider nicht in Zeit umgewandelt wurde von mir.

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Dennoch wird das Highlight in den zurückliegenden 60 Jahren innerhalb der Familie angesiedelt sein.
Selbstverständlich. Die Höhepunkte in meinem Leben sind die Hochzeit mit Moni und unsere vier Kinder, die alle in die Welt passen. Dieses Glück, das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen, hat nicht jeder. Jetzt haben wir auch noch zwei tolle Enkelkinder mit Carlo und Felix, die die Familie in Wallung halten.

Es war nicht immer eitel Sonnenschein.
Im Gegenteil. Als unser Vater bereits 1978 im Alter von lediglich 53 Jahren plötzlich verstorben ist, hat das meine Mutter Elisabeth und uns Kinder schwer getroffen, zumal unser Nesthäkchen „Toto“ gerade einmal 14 Jahre alt war.

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Wie haben Sie den Verlust Ihres Vaters verarbeitet?
Bedingt dadurch, dass ich durch den plötzlichen Tod sofort Verantwortung innerhalb unserer Bäckerei, aber auch der Familie übernehmen musste, ist mir das Ganze erst gar nicht so bewusst geworden.

Und dann?
Nach sechs Monaten bekam ich eine ganz üble Allergie. Bei der Ursachenforschung stellte sich heraus, dass sie auf den Tod meines Vaters zurückzuführen war, den ich nicht verkraftet hatte.

Wer hat Sie in dieser schwierigen Phase, als Sie als junger Mann plötzlich vor einer riesigen Herausforderung standen, gestützt?
Es war für alle, auch für meine Mutter eine schwierige Zeit. Die Erwartungen waren schon belastend, aber mein Onkel Werner Grote und Mama waren die beiden liebenswerten Menschen, die mir immer zur Seite gestanden haben.

Das Bäckereisterben hält nicht zuletzt durch die Back-Shops an. Wie überlebt ein mittelständisches Unternehmen mit mehr als 250 Angestellten in der Provinz?
Unser Erfolgsrezept ist aufgegangen, indem wir von Beginn an eine Premiumbäckerei aufgebaut haben. Das heißt: Wir legen sehr viel Wert auf die Ladengestaltung, Schulungen unseres Personals, aber auch auf sehr gute Rohstoffe und kluge Rezepturen.

Das reicht?
Natürlich nicht. Handwerkliches Geschick und das Produkt muss gelebt werden. Das sind zwei wichtige Faktoren. Wenn man dann auch noch mit Zahlen umgehen kann, hat man auch als Goldbäckerei Grote die Berechtigung in dieser schwierigen Zeit für das Bäckerhandwerk auf dem Markt präsent zu sein. Viele Betriebe, und das gehört auch zur Wahrheit, sind auch deshalb nicht mehr da, weil die selbstständigen Bäckermeister keinen Nachfolger gefunden haben.

Warum setzen Sie seit Jahren auf Ihr Bauchgefühl und blenden oftmals die Einschätzung von Experten komplett aus?
Weil ich mich im Gegensatz zu den Experten in die Lage der Menschen vor Ort versetze. Ich frage mich genau wie sie: Zu welchem Bäcker würdest du fahren, um ein Brot zu kaufen? Gibt es beispielsweise ausreichend Parkplätze, damit die Kunden bis fast vor die Verkaufstheke fahren können?

Ist das ein Grund dafür, dass die Goldbäckerei Grote gegen den Rat der Experten im Hagebaumarkt in Neuenrade eine Verkaufsstelle eröffnete?
Nicht nur. Um es auf den Punkt zu bringen: Der Hagebaumarkt ist ein sensationeller Partner, der in einem Einzugsgebiet von 10.000 Menschen steht. Überdies sind Vater und Sohn Hilgert Unternehmer, die alles, was sie anpacken, zu Gold machen.

Ihr Husarenstück ist die Filiale im Bahnhof Werdohl.
Als wir damals in den Wettbewerb mit der Bitburger Brauerei eingestiegen sind, da hieß es sofort: Jetzt schaufelt sich Charly sein eigenes Grab, denn es mussten fast 300.000 Euro in das Projekt investiert werden. Von allen Seiten wurde mir abgeraten.

Warum dennoch Backwaren aus L.A. in Werdohl?
Es war eine emotionale Entscheidung. Denn die Stadt Werdohl hatte sich 30 Jahre mit dem Bahnhof beschäftigt, der Hauptumschlagplatz für Hunderte von Schülern ist und keinen Raum bot, wo man in Ruhe sitzen konnte. Dass diese Investition so erfolgreich sein würde, hätte ich im Traum nicht gedacht.

Ist Risiko letztendlich auch ein Erfolgsgarant?
Alle Unternehmer, die erfolgreich sind, haben das Risiko nicht gescheut. Und genau diese Philosophie zeichnet sie aus. Dass ich bei all dem, was wir als Goldbäckerei investiert haben, um zu überleben, auch viele schlaflose Nächte hatte, will ich nicht verheimlichen. Aber ich habe die kleinen Zweifel nie mit in den Tag genommen.

Sind Sie alleine verantwortlich für Misserfolge?
Wenn Expansionen schief gehen, dann hängen viele Familien in der Luft. Deshalb sollte jeder Chef wissen, Fehlentscheidungen treffen nicht andere, sondern er selbst. Und wenn Firmen ins Wanken geraten sind es nicht die Mitarbeiter, die versagt haben, sondern die Chefs oder Aufsichtsräte, die falsche Entscheidungen getroffen haben, wie zuletzt bei Bayer.

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