Balve. Gesundheitlich angeschlagen zeigte sich Papst Franziskus am Ostersonntag den Gläubigen und gab seinen päpstlichen Segen „Urbi et Orbi“ der Stadt und dem Erdkreis. Es war sein Abschied, denn keine 24 Stunden später hallten die Totenglocken. Das Konklave einigte sich überraschend schnell auf einen Kardinal, der vorher gar nicht zu den engsten Favoriten gehörte: den US-Amerikaner Robert Francis Prevost, der fortan die katholische Kirche als Papst Leo XIV. führt. Die HÖNNE-ZEITUNG fragte Dechant Andreas Schulte, wie er die aufwühlenden Nachrichten seit den Ostertagen erlebt hat.
Herr Dechant Schulte, wie haben Sie persönlich die Nachricht vom Tode Papst Franziskus erhalten und was waren ihre ersten Gedanken?
Ich hatte am 2. Ostertag die Hl. Messe um 9.30 Uhr in Altenaffeln. Auf der Rückfahrt nach Balve erzählte mir mein Bruder, dass Papst Franziskus gestorben sei. In meinem E-Mail-Postfach fand ich dann eine Nachricht aus Paderborn, die von unserer Kommunikationsabteilung verschickt wurde. Unsere Generalvikare haben einen Brief mit Hinweisen verfasst: Glockenläuten zu einer festgelegten Zeit in allen Kirchen des Erzbistums, Kirchenfahnen auf Halbmast bis zum Tag der Beerdigung, Fürbitten in den Gottesdiensten, Totengedenken bzw. Requiem in den pastoralen Räumen, Internetseite mit Kondolenzbuch auf der Bistumsseite.
Tags zuvor hatte ich mittags noch die Übertragung des Segens „Urbi et Orbi“ aus Rom gesehen. Da sah man, dass Papst Franziskus gesundheitlich sehr geschwächt war. Neben der Trauer kam bei mir der Gedanke, dass sein Tod am Osterfest, wo wir der Auferstehung Jesu gedenken, ein besonderes Datum ist.
Papst Franziskus hat in seiner Amtszeit einige Reformen in der katholischen Kirche durchgesetzt, auch wenn es manchem in Deutschland nicht weit genug ging. Wie sehen Sie das? Was hätten Sie sich mehr oder weniger gewünscht?
Wir schauen auf den Papst und die Anweisungen aus Rom immer mit unserer deutsch-katholischen Brille. Der Papst muss aber die Weltkirche in den Blick nehmen. Zahlreiche Länder stehen vor anderen Herausforderungen als wir in Deutschland.
Ich glaube, dass wir mit den Überlegungen des synodalen Weges gut ausgerichtet sind. Diesbezüglich haben auch unsere Bischöfe Gestaltungs- und Entscheidungsmöglichkeiten. Im Alltag erlebe ich ganz viel Synodalität, Mitbestimmung und Teilhabe an der Leitungsverantwortung. Die neue Bistumsstruktur für Pastoral und Verwaltung zielt in die gleiche Richtung. Wer sich interessiert: www.bistumsprozess.de.
Ich muss das jetzt fragen: Die KI-generierte Version eines Papstes Trump, hat Sie das irritiert? Waren Sie verärgert oder fanden Sie das im Zeitalter der freien Meinungsvielfalt doch noch witzig?
Donald Trump hat nach meiner Einschätzung nicht gerade die Eigenschaften, die ich mir von einem Papst wünsche. Von daher haben mich das Foto und die damit verbundene Botschaft nicht begeistert.
Das Konklave hat nicht lange gedauert, da stand der neue Papst Leo XIV. fest. Hat Sie die Wahl überrascht?
Es hat sich wieder der Grundsatz bewahrheitet: „Wer als Papst(Kandidat) ins Konklave geht, kommt als Kardinal heraus.“ Von daher war der Wahlausgang für mich schon überraschend, aber er passt zum Anforderungsprofil, das die Kardinäle im Vorfeld des Konklaves erarbeitet hatten.
Die Erwartungen an den neuen Mann an der Spitze der katholischen Kirche sind groß, zumal er ja als Vermittler gilt. Er ist ja erst vor zwei Jahren zum Kardinal ernannt worden. Meinen Sie, er führt den eingeschlagenen Weg von Papst Franziskus loyal weiter? Was wünschen Sie sich von Papst Leo XIV.?
Ich wünsche mir, dass er verschiedene Strömungen in unserer Kirche zusammenhält.
Er sei ein „Brückenbauer“, wurde gesagt. Der Gedanke des Friedens scheint ihm für sein Pontifikat sehr wichtig, insofern passt er in die derzeitige Situation unserer Welt. Seine ersten Worte bestätigen dies.
Papst Leo XIV. hat pastorale Erfahrungen sammeln können, weil er viele Jahre in der Mission tätig war. Hier habe ich das Bild der „missionarischen Kirche“ gehört. Auch Deutschland ist inzwischen ein Missionsland. Er kennt sich in der Kurie aus und ist entscheidungsfreudig.
Ich wünsche unserem Papst gute Ratgeberinnen und Ratgeber, denn in einer solchen Leitungsfunktion der Kirche bedarf es verlässliche Menschen an seiner Seite.
Die katholische Kirche ist ja eher keine demokratische Institution und jahrhundertelang war das Wort des Papstes als Gottes Vertreter auf Erden unumstößlich. Ist das heute auch noch so, oder darf man Anweisungen des Papstes als katholischer Pfarrer kritisieren, oder gar in Frage stellen?
Sie sprechen hier das Thema „Loyalität“ an. Natürlich darf ich mir eine eigene Meinung bilden. Aber schlussendlich habe ich bei der Priesterweihe ein Gehorsamsversprechen gegenüber dem Erzbischof und seinen Nachfolgern abgelegt.
Ich glaube, dass das auch in anderen Bereichen notwendig ist, damit die Zusammenarbeit funktioniert. Wir haben ja kürzlich bei der Wahl des Bundeskanzlers erlebt, wie brüchig es auf einmal werden kann, wenn die Loyalität fehlt.
Auf der Ebene der Erzdiözese, im Dekanat und im Pastoralteam habe ich aber genügend Möglichkeiten, meine Meinung auszutauschen und zu beraten, wie wir die Anweisungen des Papstes im Sinne der uns anvertrauten Menschen umsetzen.
Herr Dechant Schulte, vielen Dank für Ihre offenen Worte!
Das Interview führte Roland Krahl per E-Mail.