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entnommen der gedruckten Ausgabe der Hönne-Zeitung –

Ein Fraktionsausschluss ist eine große Sache, das ist zunächst einmal unstrittig. Sicherlich haben es sich die Mitglieder der UWG-Fraktion nicht leicht gemacht, ein altgedientes Mitglied, das zwei Jahre vor dem wohlverdienten Ruhestand steht, aus den eigenen Reihen zu werfen. Dennoch ist die Situation für den Wähler schwierig.
Da seitens der Fraktion keine Stellungnahme zu den tatsächlichen Gründen ergangen ist, sind Spekulationen Tür und Tor geöffnet. Zu kurz liegen die Äußerungen Stüekens bezüglich der Tierartennachweise in der Hönne zurück, als dass man hier keinen Zusammenhang vermuten würde. War das der berühmte Tropfen, der eine „weitere Zusammenarbeit mit diesem Mitglied nicht mehr zumutbar macht“, wie es im Fraktionsstatut der UWG heißt? Was bedeutet das eigentlich?
In der Öffentlichkeit hat sich Stüeken zunächst nichts vorzuwerfen. Im Fall des Europäischen Edelkrebses war er lediglich der Bote, der Nachweis erging an anderer Stelle. In seinem Selbstverständnis als grünes Gewissen Balves sah Stüeken sicher im Auslassen eines Makrozoobenthos Fauna umfassendes Gutachtens bezüglich der Fauna des Hönnehabitats ein Versäumnis, dass er in seiner Funktion als Naturschutzwächter auszugleichen suchte, auch wenn dieses rechtlich nicht notwendig war.
Auch dieser Vorgang ist augenscheinlich im Sinne der UWG, heißt es doch in deren Wahlprogramm: „Die UWG-Balve bekennt sich zum schonenden Umgang mit der Natur. Alle Entscheidungen im Rat sollten vorher auch auf Umweltverträglichkeit geprüft werden.“
Irren ist bekanntlich menschlich. Klar hätte Stüeken auf die letztliche Bestätigung seines Fundes warten können, allerdings wurden in Bezug auf Baumaßnahmen in der Vergangenheit viel zu häufig Fakten geschaffen, die sich letztlich als unumkehrbar erwiesen, wie beispielsweise die Zerstörung der Doppelbogenbrücke in Garbeck, die kurz vor Antrag auf Denkmalschutz durch Stüeken plötzlich unter der Last eines Baggers nachgab. Man denke auch beispielsweise an die Renaturierung der Hönne im Bereich Rickmeier, wo durch kurzfristiges Zuschütten des Altarmes ohne Information an den Gewässerpächter Hunderte von Fischen, sowie Klein- und Kleinstlebewesen getötet wurden.
Es entsteht der Eindruck, dass seitens der Politik nicht sein sollte, was nicht sein darf. Natürlich ist es für uns in Balve ein Problem, wenn Hochwasserschutzmaßnahmen wo-
möglich ausgesetzt werden, weil irgendwelche Orchideen-Tierarten von denen Otto-Normalbürger noch nie etwas gehört hat, im heimischen Bächlein nachgewiesen werden, das uns im Sommer 2021 noch schmerzvoll vor Augen geführt hat, zu was es fähig ist.
Dennoch handelt es sich hier um geltendes Recht. Stüeken hat dieses weder beschlossen, noch durchgesetzt, er hat lediglich darauf hingewiesen. Die Existenz des Edelkrebses in der Hönne ist ein Faktum, was sich nicht wegdiskutieren lässt. Daher müssen die verschiedenen Interessen, wie so häufig in einer Demokratie, gegeneinander abgewogen werden und das werden sie auch, ob Heinrich Stüeken nun Fraktionsmitglied der UWG ist oder nicht. Es stellt sich die Frage, ob der Ausschluss dem Ansehen der UWG nicht deutlich mehr schadet, als eine weitere Zusammenarbeit bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode.
Die Nichteinlassung zu den Gründen lässt wohlwollend den Gedanken zu, dass man dem politischen Ansehen eines verdienten Parteimitgliedes durch Offenlegung etwaiger interner Konflikte nicht schaden wollte. Weniger wohlwollend könnte einem der Gedanke kommen, dass es nur darum ging den Überbringer der Hiobsbotschaft mundtot zu machen, weil die Priorisierung von Naturschutz vor der eigenen Haustür zu Ungunsten von infrastrukturell wichtigen Bauprojekten immer unpopulärer wird.
Schon der griechische Dichter Sophokles wusste: „Töte nicht den Boten!“ Leider lässt das Informationsvakuum dem Wähler viel Platz für womöglich falsche Schlussfolgerungen. Daniel Pütz
(Anmerkung Redaktion: Daniel Pütz war von 2014 bis 2020 Fraktionsmitglied der UWG im Rat der Stadt)


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